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Vom armen Manne, der die vielen Kinder hat

  Aus Haupt und Schmaler's wend. Liedern II. Anhang.

Es war aber einmal ein Vater und eine Mutter, die hatten eine große Schaar Kinder. Da fuhr der Vater einmal in die Stadt und kaufte ein Viertel Eicheln. Als er nach Hause kam, gab er jedem Kinde eine, und da blieb eine übrig, die warf er hinter den Ofen und daraus erwuchs eine Eiche bis in den Himmel. Darauf sagte der Vater, daß er daran hinaufsteigen wolle. Die Mutter sagte: Meinetwegen steige hinauf.

Er kam hinaufgestiegen und klopfte an. Gott der Herr sprach zu St. Petrus: Geh', sieh', wer dort klopft. Er ging und sagte: Wer ist da? Der arme Mann sagte: ich, der arme Mann, der die vielen Rinder hat. St. Petrus sagte: Der arme Mann, der die vielen Kinder hat. Gott der Herr sprach zu St. Petrus: Im Kämmerlein sind zwei Laib Brod, gieb sie ihm. Der arme Mann stieg fröhlich herab und rief: Frau, mach auf, ich habe es gut getroffen, ich bringe zwei Laib Brod. Sie verzehrten das Brod und er sagte: Frau, ich möchte dort wieder hinaufsteigen. Sie sagte: Meinetwegen steige hinauf.

Er kam dort wieder hinaufgestiegen und klopfte an. Gott der Herr sprach zu St. Petrus: Geh', sieh', wer dort wieder klopft. Er ging und sagte: Wer ist da? Der arme Mann antwortete: Ich, der arme Mann, der die vielen Kinder hat. St. Petrus sagte: Der arme Mann, der die vielen Kinder hat. Gott der Herr sprach zu St. Petrus: Im Kämmerlein steht ein Korb mit Semmeln, gieb sie ihm. Der arme Mann stieg wieder fröhlich herab und rief: Frau, mach auf, ich habe es wieder gut getroffen, ich bringe einen Korb mit Semmeln. Sie verzehrten die Semmeln und er sagte: Frau, ich möchte dort wieder hinaufsteigen. Sie sagte: Meinetwegen steige hinauf.

Er kam dort hinaufgestiegen und klopfte an. Gott der Herr sprach zu St. Petrus: Geh', sieh', wer dort schon wieder an die Thüre donnert. Er ging und sagte: Wer ist da? Der arme Mann antwortete: Ich, der arme Mann, der die vielen Kinder hat. St. Petrus sagte: Der arme Mann, der die vielen Kinder hat. Gott der Herr sprach zu St. Petrus: Hinter der Thüre steht ein großer Stock, nimm den und haue ihn doch so durch, daß er von einem Aste auf den andern fliegt. St. Petrus ging hin und hieb ihn durch. Der arme Mann stieg eilig herab und rief: Frau, mach auf, mach auf, mach auf, ich bin dort sehr übel angekommen, ich bringe sehr große Prügel mit.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862