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Die alte Mönchsbibliothek zu Stolpen

Zu den größten Merkwürdigkeiten der Stadt Stolpen gehörte einstmals die sogenannte Mönchsbibliothek, eine reichhaltige Büchersammlung, welche schon zu den Zeiten der Bischöfe angelegt worden war. Ihr Aufbewahrungsort befand sich in einem feuersicheren Gewölbe der Stadt- oder Pfarrkirche und zwar in der neuen Sakristei, der späteren Kommunikantenhalle. Es war auch gut, daß man diese Büchersammlung an einem so sicheren Platze untergebracht hatte, denn wiederholt wurde die Stadt Stolpen von verheerenden Bränden heimgesucht, denen jedesmal fast die ganze Stadt zum Opfer fiel. So war auch bei dem Brande am 1. August 1632 die Mönchsbibliothek, obgleich die Stadtkirche damals zum großen Teile mit in Flammen aufging, glücklich erhalten geblieben. Leider nahm man aber später mit der Bibliothek eine Platzänderung vor. Dieselbe wurde aus der Kirche nach der nahen Pfarrwohnung gebracht und hierselbst aufgestellt. Bei dem furchtbaren Brande am 4. März 1723, der die ganze Stadt Stolpen buchstäblich in einen Aschehaufen verwandelte, ward auch die Pfarrwohnung ein Raub der wütenden Flammen, wobei die reichhaltige Mönchsbibliothek vollständig verloren ging, so daß von ihr heute nur noch die Erinnerung übriggeblieben ist. Hätte man die Mönchsbibliothek, mit der unersetzliche Schätze des Wissens verloren gegangen sind, an ihrem früheren Aufbewahrungsorte gelassen, so wäre sie auch bei dem Brande am 4. März 1723, obgleich die Stadtkirche wiederum zum größten Teile mit zerstört wurde, erhalten geblieben und sicherlich auch noch heute vorhanden.

Die Zahl der Bücher der Mönchsbibliothek zu Stolpen war eine ganz beträchtliche. Es waren allerlei „Gattungen“ vertreten. Theologische Bücher machten jedoch den größten Teil aus. „Man fand darinnen Chrysostomi, Hieronymi, Tertulliani, Augustini etc. Werke, wie solche zu Basel herausgekommen. Unter anderem befanden sich auch drei Bischöfflich-Meißnische Missalia oder Meßbücher darinnen, ingleichen Lutheri-Schrifften nach der Wittenberger und Altenburger Ausgabe, die vermutlich in neuern Zeiten waren angeschaffet worden.“

Viele Bücher stammten noch aus dem 15. Jahrhunderte und waren kurz nach der Erfindung der Buchdruckerkunst gedruckt. Deshalb war diese Mönchsbibliothek in wissenschaftlichen und gebildeten Kreisen sehr geschätzt und wurde auch gar fleißig benützt. Von ferne her kamen Gelehrte nach Stolpen, um in den Schriften der Mönchsbibliothek zu forschen. Gewiß würde die Mönchsbibliothek auch heute noch ein besonderer Anziehungspunkt mehr für das romantische Bergstädtchen Stolpen sein. M. C. A. Freyberg, ein Stolpener Kind, „Rektor zu Sankt Annen bey Dreßden“, hat kurz nach dem Brande am 4. März 1723 eine besondere Schrift über die Mönchsbibliothek zu Stolpen verfaßt, um ihr Andenken zu sichern. Dieselbe führt den Titel:

„De Bibliotheca Stolpensi, Dresden 1713, pl. I. in 4to“. – Auch in den Programmen: „de scholarum, Saxonicarum praesertim hyeme“, geschrieben zu Dresden 1726, hat der Rektor Freyberg der Stolpener Mönchsbibliothek ein Denkmal gesetzt.

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