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Wie Ludwig der Heilige um ein Stückfaß Wein eine Heerfahrt hielt

Die guten Mönche von Reinhardsbrunn, als sie den tugendsamen Landgrafen so willig und geneigt zu ihrem Schutz fanden, hatten noch eine Klage anzubringen. Ein Ritter nämlich, der auf einem Schloß im Frankenland saß, hatte sich unterfangen, ein Fuder edeln Weins, den die Klosterherren von Würzburg kommen ließen, unterwegs aufzufangen, und nicht nur den Wein, sondern auch den Wagen, darauf er lag, und die sechs Pferde, die das schwere Stückfaß zogen, als eine gute Beute behalten.

Wie Ludwig diese Klage vernahm, ließ er an den Ritter schreiben in seinem Namen, das geraubte Gut unverzüglich herauszugeben und an Ort und Stelle zu senden. Daran kehrte sich aber der fränkische Ritter ganz und gar nicht. War nun der allen Leuten hülfreiche Landgraf schon einmal um eines Esels und Krams willen mit reisigen Mannen bis fast an die Thore von Würzburg gezogen, ja sogar, um gefangene Kaufleute zu erlösen, mit großer Heeresmacht nach Polen, von wo er siegreich heimkehrte, so kam es ihm auch nicht darauf an, um eines Fuder Weins willen gen Frankenland zu fahren; darum erhob er sich mit seinem Heergefolge und ehe jener Ritter es sich versahe, war rings sein Schloß umstellt, daß keine Maus weder hinein noch heraus konnte und so ernstlich wurde der Ritter bedräut, daß er sich ganz an des Landgrafen Gnade geben mußte, und thun, was dieser als Sühnopfer heischte. Fast nackend, nur mit einem Hemde bekleidet, einen Strick um den Hals, wie ein büßender armer Sünder, mußte der Raubritter vor ihm erscheinen, mußte ein blankes Schwert gegen seine Kehle gekehrt halten und so um Gnade flehen, wenn er sein Leben und seine Burg behalten wollte. Dazu mußte er ein Fuder guten Weines, den Wagen und die geraubten Pferde herausgeben und nach Reinhardsbrunn schicken, und wie das alles erfüllt war, zog der treue Schirmvogt seiner Unterthanen, Landgraf Ludwig, befriedigt mit seinem Heer von dannen.

Quellen: