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Der bekehrte Graf

  Dr. Schneider

Auf der Anhöhe des Schloßberges, an dessen Fuße der Flecken Gerolstein sich hinzieht, erblickt man einen Kreuzaltar aus Stein gearbeitet, welcher in alten Zeiten den Bewohnern der Umgegend zum Wallfahrtsorte diente.

Einstens, so erzählt uns die Sage, zogen die Einwohner von Gerolstein in feierlicher Prozession, wie dieses alljährlich zu geschehen pflegte, den Burgweg hinauf nach dem Kreuzaltare, um dort in altherkömmlicher Weise ihre Andacht zu verrichten. Bereits lag die versammelte Menge in frommem Gebete auf den Knien, um von dem Priester den Segen zu empfangen, und feierliche Stille herrschte rings in der Versammlung, – als der gebietende Graf, welcher den Glauben der Väter verlassen hatte, mit seiner Gemahlin aus dem Schlosse hinzutrat, und in übermüthiger Weise der Religionsübungen seiner Unterthanen spottete.

Neben ihm stand die Wärterin mit seinem Sohnchen auf dem Arme, das sich während des Gottesdienstes in auffallender Weise unruhig geberdete, als wenn es zu der betenden Menge hin wollte. Der Graf, welcher dieß bemerkte, hieß die Wärterin das Kind niedersetzen, und – Wunder! – kaum berührte das Gräflein mit den Füßen den Boden, als es in aller Hast und Eile dem Altar zu lief, sich vor dem Priester auf die Knie niederwarf und mit hochgefaltenen Händchen den Segen zu erbitten schien. Der Graf und seine Gemahlin wurden augenblicks eines andern Sinnes, und kehrten mit ihrer ganzen Familie zu ihrem alten Glauben zurück; die Umstehenden dankten Gott, der seine Herrlichkeit in dieser Weise zur Freude aller Anwesenden geoffenbart hatte.

Quelle: J.H.Schmitz, Sagen des Eifellandes, 1. Band, Trier 1847