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Der Wilddieb Handschuh von Crinitz

In Crinitz wohnte ein Waldarbeiter, der zwar hin und wieder für die Töpfereien Holz fällte, meist aber von Wilddiebereien lebte. Deshalb waren die Förster und Gensdarmen hinter ihm her und faßten ihn auch einigemale. Aber immer wieder entsprang er aus dem Gefängnis. Weil ihn jeder fürchtete und er keine Beschäftigung mehr fand, begann er ein Räuberleben und wegelagerte. Als das immer schlimmer wurde, wurden zur Unterstützung der Gensdarmen Soldaten in die Wälder um Crinitz geschickt, die ihn fangen sollten. Aber auch diese hatten keinen Erfolg. Weil der Aufenthalt der Soldaten zu viel Geld kostete, ließ der König sie wieder nach ihrer Stadt zurückgehen. Handschuh hatte sich während der Zeit sehr vorsichtig verhalten; als aber die Soldaten weg waren, ging es um so toller los. Dabei konnte man nie entdecken, wo er im Walde hauste. In seine Wohnung in Crinitz kam er nicht. Er hatte sich nämlich eine Höhle in der Nähe von Weißagk gegraben, sie zum Wohnen hergerichtet und hatte sogar einen Ofen darin. Das ganz dünne Ofenrohr führte in einem dichten Wacholder ins Freie. Einmal kam er vor Weihnachten plötzlich ins Dorf, ging in sein Haus und forderte seine Frau auf, ihm für Geld, das er kurz vorher geraubt hatte, Stollen zu backen. Die Frau weigerte sich, zankte mit ihm und drohte ihn anzuzeigen. Darauf erschoß er sie. Niemand von den Ortsbewohnern wagte sich an ihn heran, und so konnte er sich ungehindert wieder entfernen. Er ging sogar nach Weißagk, bestellte mit dem Gewehr in der Hand den Pfarrer zum Begräbnis und gab den Liedertext für die Abdankung an. Dann verschwand er wieder. Aufs neue wurden jetzt Soldaten aufgeboten und gemeinsam mit Gensdarmen und Förstern die Wälder abgesucht. Aber nirgends fand sich eine Spur. Da kam ein Zufall den Leuten zu Hilfe. Handschuh hatte in der Dunkelheit seine Höhle verlassen, um Wasser zu holen. Aus irgend einem Grunde hatte sich seine Rückkehr verzögert - und in der Zeit war Schneefall eingetreten, in dem er Fußspuren hinterließ, die nach seiner Höhle führten. Diesen Spuren gingen ein paar Soldaten nach und entdeckten dadurch seinen Aufenthalt. Handschuh kam der Aufforderung, sich zu ergeben, nicht nach, sondern erschoss sich, noch ehe die Soldaten versuchten in die Höhle einzudringen. Diese wurde dann zerstört.

Quelle: Robert Scharnweber & Otto Jungrichter: Sagen, Anekdoten und Schnurren aus dem Kreise Luckau N.-L., Berlin 1933