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Das Mittagsgespenst bei Falkenhain

Im Walde bei Falkenhain lebten vor vielen hundert Jahren Drügelsmänner oder Mittagsschleichen. Sie waren größer als die Lutchen und hatten ihre Wohnungen in der Erde, wie alle Heinzelmännchen. Wegen der Drügelsmänner durften um die Mittagszeit kein Mensch auf dem Felde bleiben. Aber die Magd eines Bauern blieb doch einmal dort Flachswieken. Sie wollte sehen, ob die Drügelsmänner ihr zu nahe treten würden. Es dauerte auch nicht lange, so kam aus dem Walde ein Drügelsmann auf die Magd zugegangen. Er fragte die Magd, ob sie nicht wüßte, daß um die Mittagszeit kein Mensch auf dem Felde arbeiten dürfe. Die Magd stellte sich aber, als ob sie überhaupt nichts davon wisse. Zur Strafe mußte sie eine ganze Stunde vom Flachs erzählen. Als die Stunde um war, sagte der Drügelsmann: “Das war dein Glück! Wenn du nicht die ganze Stunde hättest vom Flachs erzählen können, so hätte es dich dein Leben gekostet.“ Dann verschwand der Drügelsmann im Wald. Die Magd aber lief schnell nach Hause und erzählte alles, was ihr geschehen war. Sie blieb aber ihr ganzen Leben hindurch nicht wieder um die Mittagszeit auf dem Felde.

Quelle: Robert Scharnweber & Otto Jungrichter: Sagen, Anekdoten und Schnurren aus dem Kreise Luckau, Berlin 1933