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Der Spuk am Borchelt bei Riedebeck

Es war einmal eine ganz alte Frau von Schielicks Verwandtschaft, die machte zum Ölmachen von Gehren nach Goßmar. Am Abend war sie gegangen, und als sie mit Ölmachen fertig war, sagten die Müllersleute: sie solle nicht bei Nacht nach Gehren gehen, sondern bis an den Morgen in der Mühle bleiben. Aber sie sagte: „Nein“, und machte sich auf den Weg, die Kiepe mit der Ölkruke auf dem Rücken. Es war um Fastnachten herum. Als sie auf dem Gehrenschen Weg ist, hinter der Chaussee von Luckau nach Sonnewalde, sieht sie vor sich ein Licht. Da denkt sie, daß es einer sein muß mit einer Laterne und sie schreitet auf ihn. Das Licht bleibt auch richtig stehen, und wie sie rankommt, ist da ein Mann mit einer Laterne. Sie bietet ihm die Zeit, aber er antwortet nicht. Da guckt sie ihn an und er sieht so grau aus und hat eine Hucke auf dem Rücken wie ein Handwerksbursche. Sie gehen beide weiter. Er aber redet nicht. Da fängt sie sich an zu graulen. Als sie bis an den Graben kommen, der nach dem Borchelt zu geht, da wo eine Durchfahrt war für die Wagen und das Vieh und eine schmale Holzbrücke für die Menschen, da hört sie, wie aus der Schielemühle ein Gespann wegfährt. Das war der Knecht, der wollte nach Finsterwalde mit Mehl und da schreit sie ganz laut nach dem Knecht. Und wie sie schreit, schlägt die Uhr in Gehren eins und der Mann macht einen Sprung über die Durchfahrt und sie sieht ihn auf der anderen Seite wie einen Hund, und dann ist er verschwunden. Dann kreiselt es vor ihr auf der Erde, wie von einem Kreiselwind, der ins Gerülle kommt. Und die Frau brach vor Schreck in die Knie und jammerte laut, und der Müller mußte sie mit dem Wagen nach Hause fahren.

Quelle: Robert Scharnweber & Otto Jungrichter: Sagen, Anekdoten und Schnurren aus dem Kreise Luckau, Berlin 1933