<<< zurück | Sagenbuch der Sächsischen Schweiz und ihrer Randgebiete | weiter >>>

Die Sage vom Honigstein

  M. I, Nr. 59; II, Nr. 805. 
  Nach Dr. Dunger in "Über Berg und Tal", 2. Jahrgang, S. 130; 
  Z.T. in Y. Lafleurs  "Romantische Reise in das sächs. Sandsteingebirge" 1798, S.109

In der Nähe von Rathen, zwischen dem Feldstein und der Kleinen Gans, liegt der Honigstein. Dieser ist noch heute auf der mittäglichen, ganz unzugänglichen Seite mit ausgeflossenem Honig dick überzogen, weil sich vor alter Zeit in den Höhlungen und Ritzen zahlreiche Bienenschwärme aufgehalten haben. Oft gingen damals die Umwohner nach dem Felsen und holten sich süße Nahrung. Jedoch der Ritter der nahen Burg Rathen, ein grausamer Wüterich, verbot ihnen den Besuch des Honigsteins, und als trotzdem eines Tages zwei ehrsame alte Leute dort beim Sammeln betroffen wurden, ließ er sie mit seinen Hunden weghetzen. Da flogen die Bienen in dichten Schwärmen aus dem Geklüfte des Steines hervor und stürzten sich in voller Wut auf den hartherzigen Mann. In seiner Angst und Verzweiflung sprang dieser zum Fenster hinaus und verlor infolge des Sturzes sein Leben. Seit jener Zeit aber bleibt auf der Stelle, wo der Ritter seinen Tod gefunden, kein Schnee mehr liegen.

Anm.: Götzinger, Schandau und seine Umgebungen, 1804, S. 93, bemerkt zu der auch ihm bekannten „alten“ Sage: „Statt dieses vorgeblichen Honigs aber träufelt schmutziges Wasser an ihm herab.“ - Der um die Erschließung der „Sächsischen Schweiz“ hochverdiente Pfarrer und Geschichtsforscher Mag. W.L. Götzinger zu Neustadt war ein ausgesprochener Gegner der Volkstradition, namentlich der Sage, und stellte sich zu ihr ähnlich wie der Leutnant Buchhauser auf Königstein. (Vgl. Anmerkung zu Sage Nr. 131)

Quellen: