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Die Gräfin Cosel im Schafberge bei Langenwolmsdorf

  Gräße, Bd.1, Nr. 222; 
  K. Winter in der "Constit.Ztg." 1853, Nr. 96; 
  M. II, Nr.31.

Bei Langenwolmsdorf in der Nähe der Ruinen der alten Bergfestung Stolpen liegt der Schafberg; in diesem ist eine Höhle, darin soll die Gräfin Cosel begraben sein. Sie hat aber keine Ruhe im Grabe, sondern wandert bei Tag und Nacht herum, und von den Talern, die sie mit in ihr Grab genommen hat, gibt sie den Leuten, die ihr standhalten.

Einmal hat ein Schäfer bei jenem Berge geweidet, dem ist plötzlich eine schöne Jungfrau erschienen, die ein kurzes weißes Kleid und um den Leib ein schwarzes Gürtelband trug. Die hat ihn gefragt, ob er ihr helfen wolle, und als er ja gesagt, hat sie sich nach dem Berge zugewendet und ihm gewinkt, ihr zu folgen. Als er aber dort angelangt ist, da hat sich der Berg aufgetan, und es waren ein Gang und eine weite Halle zu sehen, an deren Ende ein breiter Wassergraben war, über den aber keine Brücke führte. Da hat das Mädchen gesagt: „Auf, springe hinüber!“ Der Schäfer aber hat geantwortet: „Er ist zu breit“, und als ihn die Jungfrau abermals gebeten, hat er es zweimal vergeblich versucht, weil er schon alt und steif war. Da hat sich drüben über dem Graben ein großes Tor aufgetan, und der Schäfer hat in einem weiten Saale viele Männer mit langen weißen Bärten sitzen sehen, eine Stimme aber hat gerufen: „Abermals umsonst, noch hundert Jahre!“ Daraufhin ist alles verschwunden, und der Schäfer hat sich erst nach Mitternacht wieder nach Hause finden können.

Anm.: Gräfin Cosel, die seit 1716 auf Stolpen im alten Johannisturm gefangen saß, starb am 31. März 1765. Kurz vor ihrem Ende hatte sie ausdrücklich verlangt, daß ihr Körper auf dem bei Langenwolmsdorf liegenden Schafberg beerdigt werden solle (K. v. Webers Archiv für sächsische Geschichte, Bd. IX. S. 158). Ihre Beisetzung erfolgte aber still in der Schloßkapelle auf Stolpen. Das war die Ursache, daß man später nicht mehr wußte, wo sie begraben lag und daß die Sage sie in den Schafberg versetzte. Erst 1881 fand Prof. Dr. Steche bei seinen Untersuchungen des Schlosses Stolpen in den Ruinen der alten Schloßkapelle das Coselgrab. (Vgl. K.v. Weber, Anna Constance Gräfin von Cosel, a.a.O., Bd. IX, S.1 ff., 113 ff. - O.Wilsdorf, Gräfin Cosel, ein Lebensbild aus der Zeit des Absolutismus. Dresden 1890. - Bergblumen, Strehlen 1890, Nr.6, S. 42 - Mörtsch bei Meiche, Burgen, S. 50. - Einen kulturgeschichtlichen Roman, in dem August der Starke und die Gräfin Cosel im Mittelpunkt stehen, schreibt gegenwärtig Georg Freiherr von Ompteda. - Vgl. auch hier Nr. 140.)

Quellen: