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Der Schenk von Vargila

  Peccenstein Theatr. Sax. p. 185.

Ein Schenk von Vargila hatte Gott eine Wallfahrt nach dem heiligen Grabe gelobt. Als er dies Gelübde erfüllt hatte und in seine Heimat wieder zurückkehren wollte, wurde er von den Sarazenen gefangen genommen und dem Sultan als Geschenk überbracht. Seine schöne Gestalt, sein ritterlicher Anstand, sein Muth und seine Tapferfeit gewannen ihm die Gunst des Sultans und er wurde gut behandelt und in Ehren gehalten. Weil aber damals die Ungläubigen im Kriege gegen die Christen waren und die tapferen Ritter des heiligen Johannes aus dem Lande vertreiben wollten, mußte sich der Schenk von Vargila wider die Christen brauchen lassen und gegen seinen Willen mit ihnen streiten; er that es aber nur, um sich den Sultan wohl geneigt zu machen, daß er ihm mit der Zeit die Freiheit wiedergeben und ihn in die Heimat ziehen lassen möchte.

Bald darauf wurde er auch gegen die Tartaren in's Feld geschickt und er wagte sich in diesem Kampfe so tapfer und todesmuthig unter die Feinde, daß er in ihre Gefangenschaft gerieth. Der Anführer der Tartaren, welcher seiner Abkunft nach ein Pole war, nahm den Ritter von Vargila mit sich und hat ihn gleichermaßen wohl gehalten und eine so gute Zuneigung zu ihm gefaßt, daß er ihm ein Stück Land gab und zuletzt auch seine eigene Tochter zur Ehe. Obwohl der Schenk von Vargila in solcher Weise zu hohen Ehren und Würden gelangt war, so dachte er doch beständig auf Mittel und Wege, wie er seine Reichthümer, sein Hab und Gut durch Kaufleute nach Deutschland bringen und sicher dort niederlegen, sich selbst auch von den wilden Heiden befreien und wieder in seine Heimat nach Thüringen gelangen könnte. Nun geschah es, daß er in einer wichtigen Angelegenheit mit andern Tartaren an den König in Polen geschickt wurde. Auf dieser Reise begleitete ihn in männlicher Kleidung seine Gemalin, die mit ihm unerkannt aus dem Lande gegangen war. Als die Geschäfte verrichtet waren und die Gefährten ihren Rückweg wieder antraten, suchte der Schenk von Vargila ihnen heimlich zu entkommen und gelangte glücklich mit seiner Gemalin durch Polen und Böhmen nach Thüringen in sein Heimatland. Da er aber nach Ablauf von 21 Jahren wieder heimkam, fand er gar vieles in seiner Herrschaft verändert, und ihn selbst wollte zuerst fast Niemand erkennen und er hatte Anfangs Noth, sich als den rechtmäßigen Herrn seiner Güter und Schlösser auszuweisen. Nachdem er aber genugsam Zeugniß von sich gegeben hatte, wurde er von Allen lieb und werth gehalten.

Seine Gemalin, die treulich bei ihm gehalten, ist bald nachher gestorben und im Kloster Reinhardsbrunn begraben worden. Man hat ihr allda ein stattliches Grabdenkmal errichtet, das lange Zeit gestanden hat, später aber niedergelegt wurde. Auf dem Grabsteine, der noch später dort zu sehen war, sollen diese Worte gestanden haben, jedoch ganz dunkel und böse zu lesen: Anno Domini 1286, obiit Cythavia Russica Generosi Domini Baronis de Vargila gemma lucidissima. Orate pro ea .

Quellen: