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Landgraf Konrad und Bischof Sigfrid

Nach Christi Geburt im Jahre 1232 forderte der Bischof Sigfrid von Mainz von dem Abte zu Reinhardsbrunn eine Summe Geldes, wie er solches auch von der gesammten Pfaffheit in seinem Bisthum begehrte. Das offenbarte der Abt dem Landgrafen, der ihm verbot bei Verlust seiner Huld und Gnade die geforderte Bede zu bezahlen, denn seine Vorfahren hätten dem Bischofe keinen Zins von dem Kloster zu Reinhardsbrunn gestiftet. Also hielt der Abt das Geld zurück. Darum that ihn der Bischof in den Bann und brachte ihn zur höchsten Buße. Da ging der Abt, wie ihm von seinen Freunden gerathen ward, heimlich nach Erfurt zu dem Bischofe und versöhnte sich mit ihm und gab sich in seine Gnade. Da sollte er nun unbekleidet im bloßen Hemde vor den Bischof kommen und seine Buße empfangen.

In derselben Zeit geschah es, daß Landgraf Konrad, Landgrafen Heinrich's Bruder, von dem Schloße Neuenburg nach der Wartburg reiten wollte zu seinem Bruder und in Erfurt über Nacht Herberge nahm. Des andern Tages ließ er in aller Frühe die Pferde satteln, um weiter zu reiten, ging aber hervor mit seinen Dienern zu unseren lieben Frauen auf das Stift, die Frühmesse zu hören. Da saß nun der Bischof mit den Thumherren in dem Capitelhause und der Abt war in dem Kreuzgange und zog sich aus bis auf sein Hemd, nahm in jede Hand eine Ruthe und schickte sich an also vor den Bischof zu gehen. Da sah er des Landgrafen Diener und Reiter, die nicht gern lange in der Kirche blieben, den Abt aber gar wohl kannten. Alsbald liefen sie zu ihrem Herrn und sprachen: „Der Bischof von Mainz hauet jetzund unseren Abt zu Reinhardsbrunn gar jämmerlich auf dem Capitelhause mit Gerten. Der Landgraf ging mit den Seinigen auf das Capitelhaus und sah, wie sein Abt nackt vor dem Bischofe kniete mit den Ruthen in der Hand. Da erfaßte ihn der Zorn also mächtig, daß er mit gezogenem Dolche auf den Bischof stürzte, ihn bei den Haaren faßte und erstochen haben würde, wenn ihm nicht seine eigenen Leute in die Arme gefallen wären und daran gehindert hätten. Die Thumherren und der Bischof mit den Seinen brachen auf und das Capitel ging alsbald auseinander.

Der Landgraf eilte in seine Herberge, warf sich auf sein Pferd und rannte mit seinen Dienern zur Stadt hinaus. Er kam zu seinem Bruder auf die Wartburg, klagte über den Bischof von Mainz und erzählte, was derselbe gegen den Abt von Reinhardsbrunn unternommen und an ihm begangen hatte, bat auch zu gestatten, daß er solches an dem Bischof rächen dürfe. Sogleich ward eine große Heerfahrt gegen das Schloß des Bischofs unternommen. Das war aber dem Bischof verkundschaftet worden und er besetzte das Schloß gar wohl und stark. Da zog der Landgraf vor Fritzlar, verbrannte die Vorstadt und zerstörte die Mühlen sammt den Brücken. Als ihn nun bedünkte, daß er Schaden genug gethan und sich wohl an dem Bischof gerächt habe, steckte er das Lager an und wollte mit seinem Heere davonziehen. Da liefen die gemeinen Weiber, die mit den Rheingauern darin waren, auf die Mauern zu den Zinnen und spotteten des abziehenden Landgrafen in lästerlicher und schandbarer Weise. Wie er diesen abscheulichen Spott sah und hörte, ließ er sofort sein Volk umkehren und belagerte abermals die Stadt, schoß Feuer hinein, stürmte herzlich, verbrannte die Stadt mit Weibern und Kindern und auch die Kirche mit Allem, was darin war. Zulezt kam der Bischof mit zweihundert ehrbaren Leuten heraus, die wurden durch ein Fenster an einer Kemnate, die an der Stadt lag, an Seilen heruntergelassen und gaben sich dem Landgrafen gefangen. Derselbe ließ dann die Mauern und Thürme bis auf den Grund niederwerfen, dazu verbrannte er auch das Münster und Kloster, das damals außerhalb der Stadt gelegen war, wo jetzt das Stift ist. Da ließen die von Hersfeld St. Wiprechten, der in der Kluft begraben war, von dannen nach Hersfeld führen und daselbst ehrbarlich begraben.

Dieses geschah im Herbste nach des heiligen Kreuzes Tage.

Quellen: