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Ludwig's Begräbniß

Als die Grafen und Herren, die mit dem tugendsamen Landgrafen aus dem Lande gezogen waren, von ihrer Kreuzfahrt wieder nach Otranto zurückkamen, wo der Leichnam ihres Herrn einstweilen begraben war, bereiteten sie denselben, um ihn nach seinem Begehr und Befehl wieder mit sich in sein Land zu bringen. Das Fleisch ward von dem Gebeine gesotten und in einem Tuche in die Erde begraben in christlicher und ehrbarer Weise, die Gebeine aber, die weiß und reinlich waren gleich dem frisch gefallenen Schnee, legte man in einen Schrein, überdeckte ihn mit einem Tuche und heftete darauf ein silbernes Kreuz, mit Edelsteinen besetzt, wie es einem christlichen Fürsten und seinen getreuen, gläubigen Dienern gerecht und ziemlich war. So führte man ihn in die Heimat.

In einer jeden Stadt, wo die Herren des Nachts herbergten, setzten sie die Todtenlade in die Kirche, begingen den Leichnam des Abends mit der Vigilie und des Morgens, ehe man weiter zog, mit der Messe, ließen auch in jedem Kloster oder Stifte, wo der Leichnam des Nachts blieb, um seiner Seele willen ein gutes seidenes Tuch und thaten unterwegs auf ihrem Zuge nach der Stadt Bamberg hin manch' schönes Opfer.

Als nun der Bischof in Bamberg von ihrer Ankunft hörte, ließ er sogleich die liebe heilige Elisabeth von ihrem Schlosse Bottenstein nach der Stadt kommen, daß sie ihrem Herrn entgegen gehen möchte, dessen Gebeine man brachte; auch bestellte er vornehme Herren und Edelleute, welche derselben warten und bei ihr bleiben sollten. Als nun die Zeit kam, ging der Bischof selber mit seinen Domherren unter dem Geleite der ganzen Pfaffheit dem Zuge entgegen, dazu noch viele andere Leute aus der Stadt, Männer und Frauen, mit Gesang und unter dem Geläute der Glocken. Man brachte den Schrein in die Kirche, wo er die Nacht unter stetem Gottesdienste blieb. Als nun dort mit großem Jammer und Betrübniß die fromme Elisabeth die Gebeine ihres Herrn und Gemals gesehen hatte, ließ sie dann die Grafen und Herren, die seine Begleiter auf der Meerfahrt gewesen waren, zu sich rufen in eine Capelle außerhalb der Kirche und bat sie, mit ihr sich zu setzen, da sie nicht mehr zu stehen vermochte. Dann redete sie mild und gütig zu ihnen, bat sie um ihren Rath und Beistand um Gottes und ihres Herrn willen und daß sie ihre und ihrer Kinder Vormünder und Beschützer sein möchten, klagte ihnen auch, wie untreu und schmählich ihre Schwäger, die Landgrafen Heinrich und Konrad, mit ihr umgegangen wären und wie sie Mangel und Noth in Eisenach habe leiden müssen. Auch der Bischof kam und sprach mit ihnen über das Leibgedinge seiner Nistel Elisabeth und daß sie darauf sehen sollten, daß ihr zu Theil werde, was ihr von Rechtes wegen und nach Billigkeit und Möglichkeit gebühre, anders wolle er sie nicht von sich lassen. Das gelobten ihm die Herren treulich und darauf ward noch eine schöne Todtenmesse von dem Bischofe herrlich gehalten, zu der die ganze Stadt herbeikam. Die fremden Gäste ließ der Bischof an diesem Tage wohl verpflegen und bezahlte Alles für sie in den Herbergen. Am andern Morgen hielt man noch eine Frühmesse, dann zog man weiter und die fromme Elisabeth folgte mit des Bischofs Erlaubniß ihrem Herrn nach Reinhardsbrunn in Thüringen. Gar bald kam die Botschaft von ihrer Ankunft zum Landgrafen Heinrich, seinem Bruder, und auch zu andern vornehmen Leuten. Sie machten sich auf und gingen nach Reinhardsbrunn zum Begräbniß des tugendsamen Landgrafen. Dahin kam auch viel anderes Volt, Edle und Unedle, Männer und Frauen, Pfaffen und Laien, und große Klage und Betrübniß war unter denselben. Als man den Leichnam in das Kloster brachte, da geschah ein überaus herrliches Begängniß, groß Gebet und viele Messen wurden gehalten, reiche Opfer und Almosen gegeben. Die Herren nahmen die Lade mit den Gebeinen und setzten sie in einen Steinsarg und begruben ihn bei seinen Vorfahren. Auch seine Mutter, die Landgräfin Frau Sophie, war gegenwärtig und fast alle Grafen, Herren und ehrbaren Leute in Thüringen, um des tugendsamen Fürsten, auch um der Herren und Freunde willen, die wieder heimgekommen waren.

Nach dem Begräbniß ging ein Jeder, der dort nichts weiter. zu schicken hatte, wieder in seine Heimat, der Landgraf Heinrich aber und sein Bruder Konrad blieben mit ihrer Mutter noch dort und bestellten, daß die Begräbnißkosten dem Kloster wohl bezahlt und vergolten wurden; auch Elisabeth war geblieben mit den Herren, die aus dem heiligen Lande mit den Gebeinen ihres Herrn wieder gekommen waren, und diese traten zusammen und hatten nicht vergessen, was ihnen der Bischof in Bamberg mit den Landgrafen für die Witwe Elisabeth zu reden und auszurichten aufgetragen hatte.

Quellen: