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Der Bergmann und der Mönch

  Gottschalk Ritterburgen u. Bergschlösser II, 238 ff.
  I. G. Büsching Volkssagen S. 336 ff.

Ein stiller, frommer Bergmann ging einst am dritten Ostertage auf den Kyffhäuser. Da fand er an der hohen Warte einen Mönch sitzen, dessen langer weisser Bart ihm bis auf die Kniee reichte. Als der Mönch den Bergmann sah, klappte er ein grosses Buch zu, worin er las, und sagte freundlich zu ihm: „ komm mit mir zum Kaiser Friedrich, der wartet schon seit einer Stunde auf uns. Der Zwerg hat mir schon die Springwurzel gebracht.„

Dem Bergmann lief es eisig kalt über den ganzen Körper, doch der Mönch sprach ihm tröstlich zu, dass jener freudig mitging und ihm versprach, keinen Laut hören zu lassen, es möchte kommen, was käme. Sie gingen auf einen freien Plass, der ring8nm von einer Mauer umschlossen war. Der Mönch machte einen grossen Kreiss mit seinem Krummstabe und schrieb wunderbare Zeichen in den Sand, dann las er lange und laut Gebete aus dem grossen Buche, die der Bergmann aber nicht verstand. Endlich schlug er mit seinem Stabe dreimal auf die Erde und rief: „thue dich auf!“

Sogleich entsteht unter ihren Füssen ein dumpfes Getöse wie bei einem fernen Gewitter und es zittert unter ihnen die Erde. Der Bergmann sinkt mit dem Mönche, der seine Hand gefasst hat, mit dem Erdboden, so weit der Kreiss umzeichnet war, ganz sanft in die Tiefe hinab, dann treten sie von dem Boden hinunter und derselbe steigt sofort wieder langsam in die Höhe. Nun waren sie in einem grosszen Gewölbe. Der Mönch geht mit festem Schritt voran, der Bergmann folgt zitternd hinterher. So gehen sie durch einige Gänge, bis es anfängt ganz dunkel zu werden, aber in einem geräumigen Kreuzgange finden sie eine ewige Lampe hängen und der Mönch steckt zwei Fackeln an für sich und seinen Begleiter. Sie wandern weiter und kommen an ein grosses eisernes Thor. Der Mönch spricht ein Gebet, hält dann die Springwurzel an das Schloss, rufend: „thue dich auf!“ und sogleich springen alle Schlösser und Riegel krachend von selbst auf. Beide stehen nun in einer runden Kapelle. Der Boten tarin war spiegelglatt wie Eis und die Decke und die Seitenwände des Gewölbes flimmerten und flammten beim Schein der Fackeln, denn grosse Zacken von Krystall und Diamanten hingen. herab und dazwischen noch grössere von gediegenem Golde. In der einen Ecke stand ein goldener Altar, in der andern ein geldenes Taufbecken auf silbernem Fusse.

Der Mönch winfte seinem Begleiter gerade in der Mitte stehen zu bleiben und gab ihm in jede Hand eine Fackel; er selbst ging an eine silberne Thür, klopfte dreimal mit dem Krummstabe an und die Thür sprang auf. Dieser Thüre gerade gegenüber sass auf einem goldenen Throne der Kaiser Friedrich, wie er leibte und lebte, mit einer goldenen Krone auf dem Haupte, mit dem er beständig nickte und dabei seine grossen Augenbraunen zusammenzog. Sein langer rother Bart war durch den Steintisch, der vor ihm stand, hindurch gewachsen und reichte ihm bis auf die Füsse herab. Dem Bergmann verging Hören und Sehen bei diesem Anblick.

Endlich kam der Mönch zurück und zog seinen Begleiter schweigend fort. Die silberne Pforte schloss sich von selbst wieder und das eiserne Thor schlug mit schrecklichem Geprassel zusammen. Als sie den Kreuzgang hindurch gegangen und in der vorderen Höhle angelangt waren, senkte sich langsam der freissrunde Boden wieder herab, beide traten darauf und wurden sanft in die Höhe gehoben. Oben gab der Mönch dem Bergmann zwei kleine Stangen von einem unbekannten Erz, die er aus der Kapelle mitgebracht hatte, welche seine Urenkel noch jetzt zum Andenken aufbewahren.

Quellen: