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Die Laterne bei Kamburg

  Brückner Landeskunde des Herzogthum Meiningen II, 720 f.

Auf dem Kirchberge bei Kamburg auf dem linken Saalufer im stöbenschen Holze stand in alten Zeiten die Cyriakskirche und nahe dabei ein Kloster gleiches Namens. Beide, Kirche und Kloster, sind eingegangen und nur wenige noch vorhandene Spuren und Trümmer zeigen die Stätte, wo sie gestanden. Das Kloster soll durch einen Gang unter der Erde mit dem Dome zu Naumburg eine Verbindung gehabt haben. Vielfach wird aber von den Leuten in der Umgegend die Laterne beobachtet, ein Licht, welches in bestimmten Zeiten des Herbstes vom Cyriakskloster über die Saale auf die Meissner Seite und in einem grossen Kreissbogen wieder zurück kehren soll. Davon weiss die Sage folgendes zu erzählen.

In Leislan wohnte in einem schönen grossen Hause ein Mann, von dem Niemand wusste, was er trieb. Seinen einzigen Sohn hielt er streng und eingezogen. Als derselbe erwachsen war, machte er sich in günstigen Stunden frei und wird mit einem schönen Gänsemädchen bekannt, die er besucht, so oft der Vater abwesend ist. Einmal kommt aber der Vater nach Hause, nimmt den Sohn sogleich in den Wagen und bringt ihn nach Naumburg in den Dom, wo er ein Mönch werden muss und bald darauf ins Cyriakskloster gethan wird. Hier sinnt und denkt er nun auf Mittel aus dem Kloster heraus und zu seinem geliebten Gänsemädchen zu kommen. Es gelingt ihm durch eine Fallthüre, die er zu öffnen und zu schliessen weiss, ins Freie zu kommen. Mit einer Blendlaterne eilt er vom Kloster die Mönchsschöppe herab und am Saalufer etwas aufwärts zu einem Kahn, eilt über den Clausberg und über Schindig nach Leislan unter das Fenster seiner Geliebten und verlebt da einige glückliche Stunden; dann kehrt er rasch zurück zum Kloster. Diese Wanderungen und Besuche hatte er schon oft und stets glücklich gemacht.

Als er aber einmal wieder hingeeilt war, die Fallthüre gehoben hatte und nach der hingestellten Laterne greifen will, schlägt diese in demselben Augenblicke zu und schneidet ihm die Hand vom Arme. Am andern Morgen findet man ihn todt auf der Treppe, doch ohne die rechte Hand, die mit der Laterne verschwunden ist. Seitdem macht die Laterne ihre Wanderungen meist auf dem Wege, den der Mönch nach Leislau genommen und eilt von da auf verschiedenen Wegen zurück.

Quellen: