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Von Schätzen in der Barfüsserkirche zu Saalfeld

  Nach einem alten Manuscript

Am Westende der Brudergasse in Saalfeld steht auf dem höchsten Punkte der Stadt die alte Klosterkirche der Barfüssermönche mit ihren hohen Mauern und spissigem Giebeldach. Nach Einführung der Reformation benusste man ihre feuerfesten Kapellen und Kreuzgänge zum Betrieb der Münze, daher sie den Namen Münzkirche erhielt, in das Klostergebäude aber legte man die Knabenschule.

In dieser Kirche haben die Mönche, als sie das Kloster verlassen mussten, viele Schätze versezt und dazu eine Orgel mit lauter silbernen Pfeifen. Später ist ein solcher Schatz beim Nachgraben auch entdeckt, aber nicht völlig gehoben worden. Denn als eben die Bergleute den eisernen Kasten voll dünner, hohler Silbermünzen heraus zu heben im Begriff sind, rufts bald diesen, bald jenen Bergmann bei seinem Namen; weil sie aber sich nicht daran kehren, auch in ihrer Arbeit nicht stören lassen, fängt auf einmal oben an der Decke ein Balken an zu brennen, daran man die Kohlen noch bis heute sehen kann. Darüber erschrickt ein Bergmann so sehr, dass er sich vergisst und Feuer schreit, der Kasten aber sinkt bei diesem Schrei augenblicklich in die Tiefe. Ein Schüler, der dabei stand, hat noch das Herze gehabt, nach den Münzen zu greifen und eine Hand voll aus dem Kasten zu nehmen, die er dem Herzog und verschiedenen Gelehrten gebracht hat.

Von der silbernen Orgel aber erzählt man folgende Geschichte. Einen Lehrer der Knabenschule führt einmal Abends in der Dämmerung sein Weg an der Kirche vorüber und er sieht dieselbe hell erleuchtet, und wie er noch weiter um die Kirche herum geht, gewahrt er auch, dass der Eingang, der sonst mit Brettern verschlagen war, öffen ist und darin der Herzog steht und neben ihm ein bekannter Kupferschmied, der gewöhnlich in der Münze zu thun hatte. Der Kupferschmied winkt dem Lehrer und so trägt dieser kein Bedenken dahin zu gehen; wie er aber reden und mit Worten grüssen will, wird ihm bedeutet, dass er schweigen soll. Der Herzog geht nun voran und die beiden andern Leute folgen ihm in die Kirche. Darin ist aber alles verändert, namentlich stehen die Kanzel, der Altar und die silberne Orgel jedes an ihrer Stelle, die sie früher gehabt haben. Nur unten in der Kirche fehlen die Stände und etliche Bergknappen fahren in Radeberren Schutt herum und schütten selbigen dem alten Conrector auf die Füsse, worüber dieser unwillig den Kopf schüttelt, aber die Bergjungen lächeln dazu und fahren fort in ihrer Arbeit. Der Herzog geht dann die Treppe hinauf, welche zur silbernen Orgel führt, ihm hinterdrein der Kupferschmied und diesen zupft der Conrector am Ärmel, um ein Zeichen zu erhalten, ob er folgen dürfe. Allein der Schmied sieht sich so heftig um und macht dabei ein so fürchterliches Gesicht, dass jener ganz erschrocken dasteht und nicht weiss, was er thun soll. Endlich geht er doch hinauf und weil er Niemand weiter sieht, die Orgel aber mit den silbernen Pfeifen vor ihm steht, so meint er, dass dieser Schatz ihm beschehrt sei, geht hin, nimmt etliche Pfeifen, so viel er fortbringen kann, heraus, will aus der Kirche hinaus eilen und seinen Schatz in Sicherheit bringen. Allein er kann keinen Ausgang finden, denn wo sonst die Thür war, liegen viele Todtenköpfe und Menschengebeine. Deshalb trägt er die Pfeifen wieder an ihren Ort und alsbald sieht er unten in der Kirche den Ausgang und eilt zur Thür hinaus nach Hause. Kaum ist er etwa fünfzig Schritte weit gegangen, so pispert hinter ihm Jemand und er gewahrt sich umsehend in der Kirchenthür eine fürchterliche Gestalt, die ihm mit einer gewaltigen Keule droht.

Des andern Tages erzählte der alte Conrector verschiedenen Personen sein Begegniss, wäre aber darüber bei Hofe fast in grosse Ungnade gefallen, weil er vorgab, dass der Herzog, der doch nicht aus seinem Schloss gekommen war, sich bei lebendigem Leibe als Gespenst sehen lasse; auch der Kupferschmied war über die Erzählung nicht wenig ungehalten und zuletzt musste der alte Mann noch beschwören, dass diese Begebenheit nicht errichtet sei.

Man hat nachher zu verschiedenen Malen nach der silbernen Orgel gegraben und soll bis an ein Gewölbe mit einer eisernen Thür gekommen sein, durch deren Schlüsselloch man die Orgel gesehen haben will. Weil dieselbe aber mit zwei Menschenseelen versetzt ist, so hat man sich billig ein Gewissen gemacht und das weitere Nachgraben unterlassen. Zu Zeiten sollen Mönche kommen, welche alte Nachrichten von diesem Kloster haben, und die Kirche in Augenschein nehmen, ob noch alles im vorigen Stande sei. Im Kreuzgange hat auch ein Bergmann dem Herzoge durch einen Erdspiegel ein goldenes Crucifix gezeigt, dessen Schutz mit vielen kostbaren Steinen befasst war. Weil aber dessen Versetzung nicht minder abscheulich sein soll, hat man auch diesen Schatz fahren lassen.

Quellen: