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Die Wassermenschen

  Danz und Fuchs phys. medic. Topogr. des Kreises Schmalkalden S. 212.

In Broterode und an andern Orten des Thüringer Waldgebirges, namentlich im Schmalkaldischen begegnet man nicht selten ganz oder theilweise verkümmerten Menschen, die man Wasserkinder, Wassermenschen nennt. Der gemeine Mann behauptet, in der Tiefe der Erde wohne ein Geschlecht von äusserst hässlichen, aber menschenähnlichen Geschöpfen, die nur selten an die Oberfläche kommen. Ein tiefer Teich ist ihr Aus- und Eingang, daher haben sie den Namen Wassermenschen. Sie begeben sich besonders deswegen an die Oberfläche der Erde, um den Müttern, welche allzu fest schlafen oder ihre Kinder allein liegen lassen, die schönsten Säuglinge zu rauben. Für die schönen Kinder legen sie ihre eigenen hässlichen hin und umgeben sie auf einige Zeit mit einem Zauber, so dass die Mutter erst spät die Verwechselung wahrnimmt. Diese ist nun verbunden, mit gleicher Sorgfalt sich des Fremdlings anzunehmen, wenn sie das eigene Kind wieder erlangen will, da die Wassermenschen, wenn sie sehen, dass ihre Nachkommen auf der Oberwelt gedeihen und schöner werden, aus Liebe zu ihrem Geschlechte sich zu einem abermaligen Umtausche verstehen.

Noch bis auf den heutigen Tag werden des Nachts die Thüren der Wochenstuben mit einem Schürzenband, als einem wirksamen Talisman, zugebunden und man vermeidet es sorgfältig, ein neugebornes Kind allein zu lassen.

Quellen: