<<< zurück | Sagen aus Thüringen - Orts- und Volkssagen | weiter >>>

Hausgeisster in Broterode

  Bechstein Sagenschass des Thüringerlandes II, 100 f.
  Mündlich.

Auf einer grossen Waldwiese von Broterode nach der Ruhl zu gelegen und „am Mönch„ genannt, stand vor alten Zeiten eine Schleifmühle, deren Besitzer wohlhabend und in guten Verhältnissen war. Dieser Wohlstand kam von einem guten Hausgeist her, der in der Mühle wohnte und die Arbeit in aller Weise förderte. Denn wenn die Messerklingen nur in die Mühle gethan wurden, so brauchte sich Niemand weiter darum zu kümmern, nach kurzer Zeit fand sie der Schleifmüller fertig und blank geschliffen. Der so fleissige und hilfreiche Hausgeist war ein kleines, seltsam gekleidetes Männchen, trug ein Mützchen von wunderlicher Form und Gestalt und liess sich in der Mühle bisweilen sehen, aber auch hören, denn er hatte die Gewohnheit dann und wann einen ganz eigenthümlichen Ton von sich zu geben. Aber Niemand störte und irrte den kleinen Geist, man liess ihn alle Wege gehen und thun, was ihm beliebte. So war und blieb lange Zeit ein gutes Einverständniss zwischen dem Hausgeiste und dem Schleifer. Da überkam diesen einmal der Gedanke jenen seltsamen Ton nachzuäffen, als ihn der Hausgeist wieder hören liess. Von Stund an war der Geist verstummt und liess sich nicht mehr hören und sehen; die Messerklingen blieben fortan ungeschliffen, die Mühle kam ins Stocken, das Geschäft in Verfall und der Besitzer starb in grosser Armuth. Von dem Hause ist jetzt keine Spur mehr zu finden.

Eine andere Bergmühle stand bei Broterode auf dem Platze, den man noch die Schleifkothen“ nennt. Darin wohnten zwei Brüder, denen bei ihrer Arbeit gleichfalls zwei gute Hausgeister zur Hand waren, so dass sich ihr Wohlstand von Tag zu Tage sichtbarlich mehrte. Nun waren aber die kleinen hilfreichen Gesellen, so oft man ihrer im Hause ansichtig wurde, stets mit schlechter und geringer Kleidung versehen; die Brüder wollten sich für die Vermehrung ihres zeitlichen Gutes dankbar zeigen, liessen daher den Kleinen neue Jäckchen, Höschen und Hütchen anfertigen und legten diese eines Morgens neben die Klingen, welche geschliffen und geschärft werden sollten. Als die Geister die neue Kleidung sahen, blickten sie einander wehmüthig an, sprachen:

„da liegt nun unser Lohn,
jetzt müssen wir auf und davon“,

nahmen ihre Kleider und fuhren alsbald von dannen. Niemand hat sie wieder in dieser Mühle gesehen.

Quellen: