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Die Nonnenprozession bei Kreuzburg

  Chronicon monasterii S. Petri in Paullini syntagm. p. 312.

Eines Tages noch früh in der Dämmerung ging ein Priester von Krauthausen nach Kreuzburg. Es war gerade St. Ursulentag. Als er nun aus dem Felde an die Strasse kam, welche nach der Stadt führt, begegnete ihm ein Zug weiss gekleideter Nonnen mit brennenden Kerzen und sungen den Hymnus de profundis. Der Priester vermochte vor Furcht und Schrecken zunächst weder zu singen noch auch davon zu gehen. Da schaute aus dem Zuge eine ältere Schwester zurück und sprach zu ihm mit freundlicher Stimme: „du bist ein Priester und schweigst. Komm herbei und singe mit uns!„ Der Priester fasste Muth und that, wie ihm geheissen war. Bald naheten sie der Stelle, wo jetzt die St. Liboriuskirche steht, und ein Greis im Priestergewand trat heran, vor dem die ganze Versammlung demüthig die Knie beugte, seinen Segen zu empfangen. Als er solchen ertheilt hatte, ging er selber als Führer mit einem Stabe dem Zuge voran und sie stiegen drüben über der Werra unter lautem Singen einen Bergpfad hinan, der Priester aber machte sich inzwischen heimlich davon. Von der Höhe aber rief eine Stimme: „du magst gehen, wirst aber in dein Verderben gehen!“ - Am dritten Tage darauf kam er um, von einem Blitzstrahl getroffen. Andere sagen, er sei vom Pferde gestürzt, als er nach Falken wollte, um dort eine Predigt zu halten.

Quellen: