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Tod des Landgrafen Ludwig

  Annall. Reinhardsbrunn. p. 206 sq
  Leben des heil. Ludw. S. 60

Der Landgraf Ludwig war auf seiner Pilgerfahrt nach dem gelobten Lande erkrankt an einem tödtlichen Fieber, das man den „Winter und Sommer“ nannte, und starb zu Otranto am 11. September des Jahres 1227, im 28. Jahre seines Alters. Ueber sein letztes Stündlein hat der Mönch Berthold, des Landgrafen Reisekapellan, folgendes erzählt.

Nachdem der milde Fürst erkannt hatte, dass er von seinem Lager nicht wieder aufkommen würde mit dem Leben, liess er den ehrwürdigen Patriarchen von Jerusalem zu sich rufen und empfing von ihm mit inniger Andacht und vollem Christenglauben das Sacrament der heiligen Oelung und darauf den Leichnam unsers Herrn in Gegenwart und unter dem Beistande des Bischofs vom heiligen Kreuze. Als nun der Tod herantrat an das Lager des frommen Landgrafen und er in seinem Gebete der Gnaden und Freuden der ewigen Seligkeit begehrte, sah er, dass das Gemach, darin er lag, voll schneeweisser Tauben war, die von allen Seiten sein Bett umflogen. „Seht ihr nicht,“ sprach er zu denen, die zugegen waren, „die grosse Menge dieser schneeweissen Tauben?“ Man meinte, es trüge ihn und er rede ein wenig irre, aber nach einer kurzen Pause sprach er wieder: „Ich will und muss von hinnen fliegen mit diesen schneeweissen Tauben.“ Nachdem er diese Worte geredet hatte, entschlief er alsbald sanft und ruhig und seine Seele ging zu Gott. Diese Tauben sah auch ein Priester, einer von den Kapellanen des Landgrafen, nach dem Aufgange der Sonne zufliegen und in grosser Verwunderung folgte er denselben mit seinen Augen, bis sie seinen Blicken entschwunden waren.

Quellen: