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Elisabeth speist die Armen

  Annall. Reinhardsbrunn. p. 189 sq
  Leben des heil. Ludw. S. 45 f.

In vielen deutschen Ländern und auch in Thüringen war eine allgemeine Hungersnoth und währte schon bis in das dritte Jahr. Auch strafte Gott die Menschen um ihrer Sünde willen mit Krankheit und bösen Seuchen und grosses Wasser ergoss sich, wie es seit vielen Jahren nicht gesehen worden war.

In dieser Zeit der Trübsal und Angst war der Landgraf Ludwig fern von seinem Lande; er verweilte in Geschäften an des Kaisers Hof in Italien. Aber die heilige Elisabeth war daheim in aller Weise bedacht die Noth und das Unglück der armen und kranken Leute zu lindern und zu mildern. Sie erbaute unter der Wartburg ein Spital und nahm acht und zwanzig arme und hilfsbedürftige Menschen darin auf, und wenn einer derselben starb, trat sogleich ein anderer an seine Stelle. Auch liess sie unter ihrer Aufsicht an 400 Arme täglich Almosen und milde Gaben durch ihre Dienerschaft vertheilen.

Als nun der Landgraf von seiner Reise wieder heimgekehrt war, so suchten einige von seinen Amtleuten und der Dienerschaft, welche die Milde und Barmherzigkeit der edeln Fürstin ungern gesehen und mit scheelen Augen betrachtet hatten, dieselbe bei ihrem Herrn und Gemahl übel zu bereden und klagten über ihre Unwirthschaftlichkeit und grosse Freigebigkeit. Aber der tugendsame Fürst antwortete ihnen: „Lasset sie um Gottes Willen nur geben und armen Leuten nach ihrem Gefallen Gutes thun, wenn uns nur die Wartburg und die Neuenburg verbleiben. Ich weiss wohl aus der heiligen Schrift, dass Gott dem Herrn drei Dinge besonders wohl gefällig sind und auch bei den Menschen gut bestehen: Einträchtigkeit unter Brüdern, Liebe und Treue unter den Nebenmenschen und Mann und Frau, die beide einträchtig sind.“

Quellen: