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Von Elisabeth's tiefer Demuth und inniger Andacht

  Annales Reinh. p. 152 sq.
  Gereimte Lebenbeschr. der heil. Elisabeth b. Menken II, 2056. bei Graff I, 384.
  Leben des heil. Ludwig S. 23 .
  Gerstenberger thür. heff. Chronik in Schminke's Mon. Hass. II, 331

Am Tage von Mariä Himmelfahrt war die Landgräfin Sophia mit ihrer Tochter Agnes und mit Elisabeth nach Eisenach zur Kirche gegangen. Die beiden Fräulein waren köstlich geschmückt und trugen Kronen von Gold und mit köstlichen, edeln Steinen besetzt auf ihrem Haupte. Als sie nun in die Kirche kamen, gingen sie in einen Stuhl gegenüber dem Bilde des gekreuzigten Heilandes. Voll Andacht und Inbrunst that Elisabeth ihre Krone von dem Haupte und legte sie neben sich auf die Bank und kniete nieder zum Gebete. Darüber erzürnte sich die Frau Landgräfin sehr und begann sie mit bittern Worten zu schelten. Es sei unziemlich, sagte sie, dass sie ihre Krone ablege und sich gebehrde wie die gemeinen Leute und sie alle zu Gespött mache vor den Leuten mit ihrem Niederfallen. Elisabeth aber antwortete ruhig und mit Demuth, dass sie vor ihrem Herrn und Erlöser, der einst auf Erden für sie die Dornenkrone getragen, keine irdische Krone tragen wolle von Gold, Perlen und Edelsteinen, und fiel nochmals auf ihre Knie zum inbrünstigen Gebete und vergoss viele Thränen, dass ihr Mantel davon ganz nass wurde. Da ihre Schwiegermutter und ihre Schwägerin so innige Andacht sahen, fielen auch sie auf ihre Knie, hielten ihre Mäntel vor die Augen und verrichteten mit Andacht ihr Gebet.

Man hat auch folgende Erzählung. Der Landgraf Ludwig hatte einmal zur Ader gelassen und viele Ritter und Knappen, Frauen und Jungfrauen zu sich auf die Wartburg geladen, um mit ihnen heiter und fröhlich zu sein. Eines Morgens, als sie zur Messe gegangen waren und man eben den Leichnam unsers Herrn aufheben und zeigen sollte, geschah es, dass die liebe, heilige Elisabeth ihren Herrn, den Landgrafen Ludwig, öfters ansah, so dass ihr Herz in menschlicher Liebe und Freundlichkeit zu ihm geneigt und ihre innige Andacht zu Christus, unserm Herrn, dadurch etwas verhindert ward. Aber Christus mochte es nicht geschehen lassen, dass seine auserwählte Freundin sich also von ihm kehrte, und zog sie barmherzig wieder in seine Gnade. Denn als der Priester unseres Herrn Leichnam aufhob, erschien ihr der Heiland in seiner tiefsten Erniedrigung und sie erblickte in des Priesters Händen einen gekreuzigten Menschen mit blutenden Wunden.

Ueber diese Erscheinung erschrack die heilige Elisabeth so sehr, dass sie in grosser Reue dem Heiland zu Füssen fiel, ihr Gebrechen erkannte und bitterlich zu weinen anfing. Ihr Antlitz lag auf der Erde, aber ihr Herz und ihre Gedanken waren zum Himmel gewendet. In dieser Betrachtung und Innigkeit lag sie, bis man zu Tische gehen sollte und Niemand wagte zu ihr zu reden, bis dass der Landgraf selber zu ihr ging und sprach: „liebe Schwester, was ist die Ursache, dass du nicht zu Tische kommst und lässt uns so lange auf dich warten? “Da richtete sie sich auf gegen ihn und als er sah, dass ihre Augen von bittern Thränen blutroth waren, erfasste ihn inniges Mitleid und Betrübniss. „Liebe Schwester,“ fragte er weiter„,warum hast du so bitterlich geweint?“ und bei diesen Worten begann er selbst bitterlich zu weinen.

Da er nun erkannte, dass sie vor grossem Jammer und Betrübniss nicht wohl mochte zu Tische kommen, liess er sie in ihrer Andacht, trocknete seine Augen und ging zu seinen Gästen und erschien fröhlich und heiter, dass Niemand merken möchte, was ihm begegnet war.

An dem guten Karfreitage wollte die heilige Elisabeth nimmer gestatten, dass ihre Dienerinnen und Hoffräulein ihr einige Ehre erboten, sondern sie sprach: „heute ist der Tag der Demuth,“ und darum begab sie sich selber in grosse Demuth. Nach der Gewohnheit der armen Frauen nahm sie in ihren Schooss viel kleine Flachsristen, Weihrauch, kleine Wachslichter und viel kleines Geld, mischte sich unter das Volk und ging barfuss zu allen Kirchen, kniete andächtig nieder vor allen Altären und opferte auf einem jeden eine Flachsriste mit Weihrauch und einem kleinen Wachslichte, wie das damals der armen Frauen Sitte war und gab die Pfennige den Armen, die vor den Kirchen und auf den Strassen sassen. Nun ward sie aber von den Leuten beredet, dass sie nur so kleine Gaben opferte, wie andere arme Frauen, da doch eine Fürstin grosse Opfer geben sollte ; aber sie that das zu der Zeit nur aus grosser Demuth, denn sie wollte es in allen Stücken den Armen gleich thun. Und in der Kreuzwoche ging sie in einem wollenen Kleide barfuss und folgte der Prozession mit grosser Andacht.

Quellen: