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Das Jagen im fremden Walde

  Annales Reinhardsbrunn. p. 9 .
  Joh. Rothe dür. Chron. S. 261 .
  Bange thür. Chron. Bl. 43.

Ritterliche Abentheuer suchte der junge Graf Ludwig II. von Thüringen, wo er konnte. Nun wohnte zu seiner Zeit ein Graf Friedrich, Pfalzgraf zu Sachsen, in dem Osterlande bei Thüringen auf seiner Burg Scheiplit, der hatte ein gar schönes, säuberliches Weib, Tochter des Markgrafen von Stade, genannt Adelheid. Dieser machte der Graf Ludwig den Hof, gewann sie sehr lieb und litt grosse Noth um dieser Liebe willen. Auch die Frau ward da von seiner Liebe also betrogen, dass sie ihn heimlich zu sich beschied und freundliche Gespräche mit ihm pflog. Dabei rieth sie ihm, dass er ihren Herrn, den Pfalzgrafen, tödten und sie zu Ehe nehmen sollte, und sie rathschlagte also mit ihm, dass er auf einen Tag, den sie ihm benannte, jagen sollte bei dem Schlosse Scheipliss, sie wollte dann ihren Mann dazu anhalten, ihm das zu wehren.

Der Graf nahm den Vorschlag an, liess sich den Teufel und der Frauen Schöne blenden und kam auf den bestimmten Tag, liess in dem Walde seine Hörner erschallen und ermunterte durch Zuruf die Hunde. Inzwischen sass der Pfalzgraf in einem Bade, wie das so bestimmt und verabredet war. Alsbald lief Frau Adelheid stürmisch über ihren Mann und sprach höhnisch zu ihm: „dieweil du hier sitzest und pflegst deines Leibes Gemüthlichkeit, verlierst du dein Recht und deiner Herrschaft Freiheit und lässt dir jagen bis vor die Nase.“

Bei diesen Worten fuhr der Pfalzgraf aus dem Bade, warf einen Mantel über sein Badehemd, fiel auf einen Hengst und jagte dem Grafen Ludwig nach mit Geschrei und strafte ihn mit Worten, dieser aber wandte sich gegen ihn und stach ihn nieder mit seinem Jagdspiess. Als so der Pfalzgraf Friedrich erstochen war, wurde grosse Klage erhoben von seinen Freunden und von seinem Weibe, wiewohl ihr das nicht sehr leid war, und man begrub ihn zu Goseck in dem Münster, das an der Saale liegt neben der Neuenburg und von demselben Pfalzgrafen gestiftet war ; an die Stätte aber, wo er ermordet wurde, hat man zum ewigen Gedächtniss ein steinernes Kreuz gesezt, daran auf der einen Seite ein Jagdspiess, auf der andern aber diese Worte eingehauen stehen:

Anno Domini MLXV
Hic expiravit Palatinus Fridericus
Hasta prostravit comes illum dum Ludovicus

Als aber das Jahr zu Ende ging, da gelobte dieselbe Witwe Frau Adelheid dem Grafen Ludwig von Thüringen, der ihren Herrn erstochen hatte, die Ehe und er führte sie mit sich heim auf die Schauenburg und hielt da mit grosser Pracht die Hochzeit.

Quellen: