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Bonifazius erbaut zu Ordruf die St. Michaelskirche

  Othloni vit. Bonifacii lib. I. c. 29.
  Heller's Merkwürdigkeiten der Landgrafschaft Thüringen. S. 464.

Als Bonifazius das Thüringer Land durchzog, lehrte und taufte, ist er auch an den Fluss Ora oder Oraha gekommen, woran jetzt die Stadt Ordruf liegt, und übernachtete daselbst unter einem Zelte. Da sah er plösslich eine überirdische Helle, der Himmel that sich auf, ein wunderbarer Lichtstrom floss herab und erleuchtete alles ringsum. In diesem Glanze erschien der Erzengel Michael dem heiligen Bonifazius und stärkte ihn in dem Herrn. Als es Tag geworden war, hat Bonifazius Gott gedanket und eine Messe gehalten. Darauf befahl er seinem Diener das Essen zuzurichten. Aber dieser musste bekennen, dass nichts vorhanden sei eine Mahlzeit zu bereiten. „Meinest du,“ erwiederte der fromme Mann „dass Gott, der vierzig Jahre ein grosses Volk in der Wüste mit Himmelsbrod gespeist hat, nicht auch mir, seinem unwürdigen Diener, für einen Tag Nahrung und Speise geben könne?“ Und er gebot nochmals dem Diener den Tisch für ihn zu decken. Dieser that wie ihm geheissen war, und sogleich kam ein Vogel in der Luft herbei und führte einen grossen Fisch mit sich im Schnabel, den er auf den Tisch niederfallen liess. Als solches Bonifazius sah, dankete er Gott, liess den Fisch zubereiten und sättigte sich mit seinem Diener. Die Reste der Mahlzeit liess er in die Ora werfen.

Bonifazius erkundigte sich darauf, wem die Stelle und das Land gehöre, wo ihm der Erzengel Michael im himmlischen Glanze erschienen und die wunderbare Speisung zu Theil geworden war. Und als er erfahren hatte, dass Herrn Hugo dem ältern das Land zustehe, ging er hin zu diesem und erzählte, was ihm allda begegnet war; zugleich bat er ihn , dass er den Platz ihm schenken möchte, um darauf eine Kirche zu erbauen.

Diese Bitte wurde gewährt und so entstand dort eine Kirche, welche Bonifazius dem Erzengel Michael weihete.

Quellen: