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Wie Bonifazius die Thüringer zum chriftlichen Glauben bekehrt

  Legenda Bonifacii bei Menken Scriptores rer. Germ. I, 842 ff. 852 ff.
  Binhard thür. Chron. 1613. I, 33 ff.

Im Jahre 724 ist die grosse Schlacht zwischen den Thüringern und Ungarn, davon die Unstrut in Blut gefärbet war, auf dem Rieth vor Nägelstädt gehalten worden und es haben die Thüringer das Feld behalten und den Sieg gewonnen. Davon wird der Ort noch heutigen Tags auf der Fahr genannt. Mit dieser Schlacht hat es folgende Ursache und Bewandniss gehabt.

Als Bonifazius vernahm, dass das Land zu Thüringen noch in der Heidenschaft steckte, nahm er sich vor dasselbige zum christlichen Glauben zu bekehren und fragte einen alten Ritter daselbst, was es um das Land zu Thüringen für eine Gelegenheit hätte. Der Ritter antwortete ihm also. „Das Land zu Thüringen ist zwölf Meilen Weges lang und breit und ist beschlossen mit zwei mächtigen Wäldern, nämlich dem Thüringer und Harz-Walde, auch mit zwei schönen fischreichen Wassern, als der Werra und Saala, und käme es zu dem christlichen Glauben, so würde es das beste Land zu der Nahrung, als man wohl in solcher Grösse in der ganzen Welt finden möchte.“

Als nun Bonifazius solches hörte, versammelte er eine grosse Menge Volks und zog mit Heereskraft nach Thüringen. Als aber die Thüringer solches vernahmen, erschraken sie sehr und verzagten an ihrem Leben, flohen deshalb alle zugleich, Mann und Weib, auf einen Bruch bei der Unstrut, das heisset die Trettenburg, und beschlossen allda todt oder lebendig zu bleiben. Denn damals waren nicht viel mächtige und feste Städte im Lande, dass sie sich darin hätten schützen können.

Der Bischof aber zog bescheidentlich zu ihnen in das Land und begehrte, dass die Thüringer zu ihm kämen. Darauf schickten sie die Vornehmsten, so sie im Lande hatten, zu ihm, was er von ihnen begehrte anzuhören. Er sprach: lieben Leute, ihr sollet nunmehr das Heidenthum verlassen und den christlichen Glauben annehmen, das ist, an Christum glauben und euch taufen lassen. Thut ihr's, nun wohlan, so kommt es euch zu Nutz und Frommen und soll euch nimmermehr gereuen, wo aber nicht, so will ich ein ander Liedlein mit euch singen.“ Darauf antworten die Thüringer: „was für Nutz und Frommen kann uns daraus entstehen?“ Der Bischof sagte ihnen: „Gottes Sohn ist auf dieser Welt und Erde um des menschlichen Geschlechts willen geboren, hat menschliche Natur angenommen und mit sich bracht Gerechtigkeit und Friede. Das ist gleich gewogen den Armen und den Reichen, darum sollt ihr gerne an ihn glauben, und wenn solches geschieht und ihr euch taufen lasset, so sollet ihr von aller unrechten Gewalt an Leib und Gut hier auf Erden und hernach an der Seele von Sünde, Tod, Hölle und Teufels Gewalt entlediget werden.“

Als die Thüringer solches hörten, antworteten sie: „lieber Herr, sintemal der geborne Gott solches vermag, so richtet er es auch dahin, dass wir des Zehnten, den wir dem Könige in Ungarn geben müssen, ledig werden. Denn wir müssen verzehnten unsern Leib und Gut, unser Weib und Kind und alles, was wir haben. Werden wir nun solches Zehnten los gemacht und eine glaubwürdige Versicherung darüber empfahen , so wollen wir getreulich glauben, uns taufen lassen und gerne folgen. Geschieht solches aber nicht, so wollen wir den Christenglauben nimmermehr annehmen, sondern bei unserm Glauben todt und lebendig bleiben. Bitten deswegen, der Herr wolle uns eine Antwort geben, zu oder ab, darnach wir uns zu richten haben.“

Der Bischof ging ab und zu seinen Räthen und sprach: „ich bedürfte wohl gutes Raths wegen der Thüringer Härtigkeit. Soll ich sie des Zehnten entledigen, so ist der König in Ungarn so mächtig, dass solches nicht wohl geschehen kann; soll ich sie aber erschlagen und ihr Blut auf mich nehmen, das fällt mir schwer; soll ich sie in ihrem Glauben und Blindheit sitzen lassen, so möchten sich andere Leute daran ärgern. Bitte deshalb euch lieben Räthe um einen guten Rath, wie ich mit Glimpf von diesen verstockten Leuten scheide, dass Niemand sagen dürfte, die Thüringer wären mit Gewalt vor dem Bonifazius geblieben.“ Die Räthe antworteten ihm: „Herr, eure Meinung und Absicht dünket uns fürs Beste, dass ihr den Thüringern ein Bedenken gebet, darinnen sie sich wohl besinnen mögen und solches euch auf eine benannte Zeit wieder zu verstehen geben. Indessen könnet ihr des Kaisers oder des Pabsts Hilfe erlangen.“ Der Bischof willigt ein und war mit solchem Rath zufrieden.

Als aber der Bischof dieselbige Nacht in seiner Ruhe lag, kam eine Stimme von Gott und sprach: „Bonifazius, du zweifelst, wie die Thüringer an mich glauben sollen? Hast du nicht gelesen, dass ich bin auf diese Welt und Erde gekommen und habe menschliche Natur angenommen um des Menschen willen und bin der Armen Förderer sowohl als der Reichen und habe mit mir gebracht Friede und Gerechtigkeit ? Darum will ich nicht, dass ein Mensch Zins oder Zehnten geben soll einem andern Menschen von seinem selbst eigenen Leibe. Ich will sein auch selber nicht und will die, so an mich glauben, beschützen und gegen alle unrechte Gewalt vertheidigen. Darum zeige den Thüringern meine Gnade, Treue und Barmherzigkeit an und sage ihnen daneben, dass der König in Ungarn ihnen den Zehnten nimmermehr abgewinnen soll. Und das soll die Urkunde sein: du sollst nicht von ihnen kommen, sondern bei ihnen im Lande bleiben.“.

Der Bischof ward über diese Stimme erfreuet und verkündete sie den Thüringern. Damit ihr aber versichert und dessen gewiss sein möget,“ sprach er weiter „,dass euch der König in Ungarn den Zehnten nimmermehr angewinnen soll, so will ich selbst bei euch so lange im Lande bleiben, bis ihr solches selbst sehen werdet.“ Darüber wurden denn die Thüringer herzlich froh.

Es hatte aber damals Bonifazius sein Lager in einem Bruch bei der Unstrut, da nun ein deutsches Kloster liegt und heisset Nägelstädt. Als aber die Ungarn vernahmen, dass ihnen die Thüringer den Zehnten zu geben verweigerten, auch erfuhren, dass solches auf Befehl des Bonifazius geschehe, zogen sie mit grosser Heereskraft nach Thüringen und trafen des Bonifazius Heer an auf dem Bruch und eilten so stark auf sie, dass sie die Vordern in die Unstrut trieben. Bonifazius aber rief den lieben Gott um Hilfe und Beistand an, so dass sie die Ungarn erlegten und die Unstrut in Blut verfärbet ward. Denn die Ungarn konnten weder zurückweichen noch vordringen und wurden also alle erschlagen.

So gewann Bonifazius den Streit auf dem Rieth zu Neilstädt, daher die Wahlstadt noch auf den heutigen Tag auf der Fahrt heisset. Von des Bischofs Hauptleuten blieben auch zwei todt, die wurden überseits des Rieths begraben und stehen daselbst noch zwei steinerne Kreuze am Wege, wenn man von Tonna nach Salza geht.

Da die Thüringer das sahen, nahmen sie den Glauben an und liessen sich taufen.

Quellen: