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Der Galgenberg bei Langerwisch

Kurprinz Johann befand sich im Jahre 1474 in einer schlimmen Lage. Von der einen Seite wurden die Marken durch die Pommern bedrängt, die, trotz der Tapferkeit Werners von der Schulenburg, Gartz durch List eingenommen hatten; von der anderen Seite war Herzog Hans zu Sagan — wie er sich noch nannte, obgleich er es nicht mehr besaß - eingebrochen, welchem König Matthias das Herzogthum Glogau zugesagt. Schon hatte ihn der Adel, Glogau und viele andere Städte gehuldigt; Wendigo Gans, Bischof zu Havelberg, ein so guter Soldat, wie schlechter Bischof war gefangen, und Johann selbst in Frankfurt belagert. Da kam im folgenden Jahre, auf das Dringen des Kurprinzen, sein Vater, Kurfürst Albrecht, wieder aus Franken in die Mark zurück und verglich sich mit Pommern wegen der Erbfolge. Herzog Hansens Ansprüche konnte er aber nicht befriedigen, doch traf er solche Anstalten, daß diesem die Luft verging, von Schlesien aus wieder in die Mark einzudringen.

Herzog Hans verdroß das sehr. Er rüstete deshalb heimlich eine Schaar von zu Lanzen und gab seinem Hauptmann Hans Kurt, einem Böhmen von Geburt, Befehl, sich mit derselben durch die Lausitz zu schleichen, in die Zauche zu fallen und dem Kurfürsten so viel Schaden, als möglich zu thun. Hans Kurt kam bis vor Beelitz, ehe noch eine Nachricht ins Land gelangt war, daß er im Anzuge sei.

In dem Walde vor der Stadt machte er Halt, und da am andern Morgen eben darin der St. Markus Markt gehalten wurde, so gelang es ihm durch etliche große Frachtwagen, auf welchen er Soldaten versteckt hatte, das Thor zu gewinnen und so sich zum Herrn der Stadt zu machen, in welcher er dann auf eine so grausame und schauderhafte Weise wüthete, daß es nicht nach zu erzählen ist.

Kaum hatte der Kurprinz diesen Überfall erfahren, so bot er schnell in der Umgegend alle streitbare Mannschaft auf und rückte von Briezen, Brandenburg und Potsdam aus so schnell vor Beelitz, daß Hans Kurt sich eingeschlossen fand, ehe er es sich versah. Der Prinz suchte die Stadt zu schonen, aber Kurt wollte von keiner Übergabe wissen, und drei Wochen widerstand er hartnäckig den Angriffen und Geschossen der Belagerer, während er fortfuhr, die schändlichsten und unerhörtesten Grausamkeiten an den armen Bürgern zu begehen. Am Donnerstage vor Pfingsten fing man jedoch an, ihn mit Feuer zu ängstigen, indem man rings an den Thoren, Mauern und Thürmen große Reisighaufen anzündete. Darüber gerieth aber die ganze Stadt in Brand, und innerhalb der Mauern wogte ein sich immer vergrößerndes Flammenmeer, welches alle Häuser sammt der Kirche verzehrte. Kurt konnte es mit den Seinen vor Hitze nicht mehr ertragen, deshalb versuchte er sich durchzuschlagen, wurde aber mit 140 Mann gefangen.

Kurprinz Johann schickte den grausamen Böhmen mit einem starken Geleit nach Berlin ab, doch unweit Langerwisch entsprang er und verbarg sich in dem tiefen Bruche zwischen Rehbrück und Rehfließ, das damals vor seiner Entwässerung fast undurchdringlich war. Es hat auch lange gewährt, ehe man ihn aufgefunden. Erst als man das Bruch umstellt hatte und mit Hunden hineingedrungen war, wurde er, tief im Schilfmoor verborgen, entdeckt.

Zwischen Langerwisch und Bergholz erhebt sich ein hoher, spitzer Berg mit kahler, runder Kuppe, nur mit braunem Haidekraut und fahler Wolfsmilch spärlich bewachsen. Auf demselben ist der Hauptmann Kurt als ein Raubmörder in Ketten gehangen worden, und lange war dort sein von der Sonne gebleichtes Gebein ein Spiel der Winde und ein Schrecken der Wanderer, die hier bei nächtlicher Weile noch jetzt manch arger Spuk necken soll.

Quelle: Karl v. Reinhard, Sagen und Mährchen aus Potsdams Vorzeit, Potsdam 1841, Verlag der Stuhrschen Buchhandlung