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Graf Ulrichs Schild

Auf der weit ausschauenden Nürburg, dem zweithöchsten Berg der Eifel, stand einst eine feste Burg gleichen Namens. Einer ihrer Besitzer war der Graf Ulrich, ein milder und gütiger Herr, dem alle seine Untertanen in Liebe ergeben waren. Sie alle befiel deshalb auch eine aufrichtige und tiefe Trauer, als es hieß, dass der Graf sterben werde. Seine Freunde, die schmerzerfüllt um sein Sterbelager versammelt waren, sprachen zu ihm: »Wenn du gestorben bist, so gib uns ein Zeichen, ob du den Himmel erlangt hast.«

Der Graf erwiderte: »Nehmt meinen Schild, den ich so oft ergriff, zur Wehr gegen die, welche Unrecht übten, und hängt ihn an einer Eiche auf. Wenn er nach drei Tagen noch an seiner Stelle hängt, so sei dies das Zeichen, dass ich verdammt bin. Wenn er aber ohne eines Menschen Zutun in der genannten Zeit herunterstürzt, so möget ihr daraus ersehen, dass ich im Himmel bin.«

Darauf starb Ulrich. Erwartungsvoll hängte man den Schild an einer Eiche auf, an der er zwei Tage unbewegt verblieb. Am Morgen des dritten Tages aber stürzte er mit hellem Klang zur Erde nieder, ohne dass jemand ihn berührt hatte.

Voll freudigen Trostes sagten nun die Burgbewohner: »Unser guter Graf ist im Himmel!«

Quelle: Jos. Schiffels: Sagen, Legenden und Geschichten aus der Eifel, erster Band, Verlag Georg Fischer. Wittlich. 1912