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Der goldene Pflug

In dem Berg, auf dem die Burg Neuenahr stand, waren einst allerlei Schätze verborgen. Zu ihnen gehörte auch ein goldener Pflug, der in dem heute verschütteten Schloßbrunnen lag. Ein Bauer, der nicht gern arbeitete und sonntags in der Umgegend allerlei Tändeleien nachging, meinte, dass nur den Herren auf den Burgen das Glück blühe. In einer Nacht um die zwölfte Stunde wurde er von einem Zwerg an den Rand des Brunnens geführt. Der Zwerg sagte zu ihm: »Ich will dich heute zu einem reichen Mann machen. Du weißt, dass in diesem Brunnen ein goldener Pflug begraben ist. Grabe in einer bestimmten Nacht danach, dann sollst du aller Mühe und Arbeit ledig sein und kannst für alle Zeit ein sorgenfreies und glückliches Leben führen wie ein Ritter. Wo jener Haselstrauch wächst, da ist des Brunnens Mündung, und was Tausende lange und vergeblich gesucht haben, das wirst du leicht finden. Hast du den Stein, mit dem der Brunnen verdeckt ist, aufgehoben, so lasse die Angel in die Tiefe des Brunnens hinab, dann wirst du den kostbaren Schatz heben. Aber kein Laut darf dabei von deinen Lippen kommen, sonst werden die Erdgeister ihn in der Erde zurückhalten.«

Der Bauer merkte sich die Stelle und machte bald die nötigen Vorbereitungen, um den verborgenen Schatz aus der Tiefe ans Tageslicht zu bringen. Schweigsam ging er einher, und seinem Weib wurde es schwer, eine Antwort von ihm zu erhalten. Endlich war die gemeinte Nacht gekommen, und erwartungsvoll begab er sich zu der bezeichnten Stelle. Im hellen Mondschein konnte er sie klar erkennen. Er hieb den Haselstrauch ab und schob den Schlussstein des Brunnens beiseite. Aus der Tiefe strahlte ein heller Schein herauf. Es war der goldene Pflug, der ihm entgegenleuchtete. Behutsam ließ er an einem langen Seil die Angel bis auf den Grund des Brunnens hinab. Sie erfasste den goldenen Pflug, den er langsam und schweigend nach oben zog. Bald war er der Oberfläche nahe; noch ein Ruck und er nannte den kostbaren Schatz sein Eigen. Plötzlich sah er einen feurigen Ritter vor sich, der sein gewaltiges Schwert drohend schwang. Der erschreckte Bauer stieß voll Entsetzen einen gellenden Schrei aus, und in demselben Augenblick stürzte der goldene Pflug für immer in die Tiefe hinab. Der Bauer aber eilte entsetzt nach Hause. Als er nach einigen Tagen wieder zurückkehrte, war jegliche Spur des Brunnens verschwunden, und statt des erhofften Schatzes fand er nur einen Zettel, auf dem geschrieben stand: Bete und arbeite!

Diese Mahnung nahm er sich sehr zu Herzen, und ihre Befolgung hat ihm fürderhin reichen Segen gebracht.

Quelle: Jos. Schiffels: Sagen, Legenden und Geschichten aus der Eifel, erster Band, Verlag Georg Fischer. Wittlich. 1912