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Das Weihnachtsgeschenk

An einem Weihnachtsabend wanderte ein armer Strumpfwirker von Görlitz heim nach seiner Vaterstadt Bautzen. Ihm war traurig zumute, wenn er an seine sechs Kinder dachte, die zu Hause warteten. Er hatte Ware abgeliefert und das erhoffte Geld nicht erhalten.

Trübsinnig schritt er einher und achtete kaum des Weges. Da sah er plötzlich bei Krischa rechts am Wege ein Wäldchen, das hell erleuchtet war. Neugierig geworden, wollte er doch einmal sehen, was da vor sich ginge, und ging vorsichtig näher. Da trat ihm plötzlich ein kleines, kaum vier Spannen hohes Männchen entgegen, grüßte ihn und sagte, er solle nur näher kommen, ihm sei heute noch eine große Freude beschert. Das ließ sich der Strumpfwirker nicht zweimal sagen. Wie erstaunte er aber, als er sah, daß all die kleinen Fichten wie Weihnachtsbäume mit Äpfeln, Nüssen, Mandeln und Zuckerwerk behangen waren, »Nimm dir, soviel du magst„, lud ihn das Männchen ein, „und gib's deinen Kindern!“ Rasch packte er seinen Sack voll und wanderte weiter über Weißenberg nach Bautzen zu. Hinter ihm erloschen die Lichter.

Wie schwer aber wurde ihm die Last! Kurz vor der Stadt konnte er den Sack kaum noch schleppen und erreichte endlich müde und matt sein Haus.

Die Kinder warteten schon lange: Erschöpft ließ er den Sacks von der Schulter gleiten und freute sich schon auf die Überraschung, wenn sie die Apfel und Nüsse vorfinden würden. Aber was war das? Statt der verschiedensten Leckereien kollerten Goldstücke aus dem Sack, lauter schwere, alte Münzen! Nun hatte alle Not endlich ein Ende.

Quelle: Erich Krawc, „Sagen der Lausitz“, Domowina Verlag 1962;