Sagen der Lausitz | weiter >>>

Der Riese Sprejnik

Einst lebte am Fuße der Lausitzer Berge ein gewaltig großer und starker Mann. Man nannte ihn den Riesen Sprejnik. Er besaß so viel Kraft, daß er die stärksten Bäume an den Wipfeln packen und mit den Wurzeln herausreißen konnte; Steine, so groß wie Wolken am Himmel, wuchtete er aus der Erde und schichtete sie zu Haufen oder verstreute sie im Gelände. Er fürchtete niemanden und trug keinerlei Waffen, weder Schild noch Speer, auch nicht Pfeil und Bogen. Unzählige Menschen waren ihm untertan und folgten ihm wie ein Bienenvolk seinem Weisel1).

Eines Tages versammelten sich seine Untertanen und sprachen zu ihm: „,Riese Sprejnik, wir möchten gern für immer in diesem Lande bleiben. Wir wissen, daß du uns schützen wirst; denn du bist stark, und wir haben nichts zu fürchten. Aber wenn du im Tale liegst oder in einer Höhle sitzt, kannst du nicht sehen, was in deinem Lande geschieht. Dann sind wir schutzlos. Darum bitten wir dich: Baue uns einige feste Zufluchtsstätten und schnitze dir eine Schußwaffe, damit du uns von ferne verteidigen und unsere Feinde töten kannst.!„

Und der Riese Sprejnik baute zu beiden Seiten des Tales, in dem er wohnte, eine Stadt. Die nannte er "Budissin". Das Land aber bekam den Namen Budissa“ An den Grenzen errichtete er feste Warten: eine nördlich von Guttau, eine andere nahe bei Königswartha und eine dritte bei Strohschütz.

Dann schnitzte er sich Pfeil und Bogen und einen Speer. Um zu erproben, wie weit seine Pfeile wohl flögen, schoß er einige nach Süden. Als die Menschen danach suchten, fanden sie die Pfeile weit oben im Bergland in einem Tal. Niemand konnte sie mit der Hand aus dem Boden ziehen, so fest hatten sie sich eingebohrt. Man mußte sie ausgraben. Aus den Löchern begann frisches Wasser zu quellen, und es entstand ein Fluß, der noch heute durch das Lausitzer Land fließt. Die Menschen nannten ihn zu Ehren ihres Riesen „Spree". Der Ort aber, von dem aus der Riese geschossen hatte, heißt heute noch "Strehla", das bedeutet „Ort des Schützen“.

Quelle: Erich Krawc, „Sagen der Lausitz“, Domowina Verlag 1962;


1)
Bienenkönigin