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Vom Wunderblute zu Zehdenick

Im Jahre 1249 hat ein Weib zu Zehdenick eine geweihte Hostie in Wachs gedrückt und vor ihre Bierfässer begraben, damit die Leute ihr Bier desto lieber möchten hohlen und trinken. Da sie aber hernach einen scharfen Gesetzprediger gehöret, ist sie dadurch zur Erkenntniß ihrer begangenen Sünde gekommen. Und ob ihr wohl eine schwere Buße von ihrem Beichtvater ist auferlegt worden, dennoch hat sie sich in ihrem Herzen und Gewissen nicht können zufrieden geben, bis die Sache recht an den Tag käme und von ihr selber ausgebracht würde. Hat demnach solches dem Pfarrherrn zu Zehdenick geoffenbaret, wie auch, da es der Pfarrherr nicht hat glauben wollen, dem andern gemeinen Volke.

Darauf hat man im Keller angefangen zu graben und ist an dreien oder mehr Orten Blut herausgequollen, daß sich auch die Umstehenden sehr darüber verwundert. Die blutige Erde hat man darauf ausgegraben und in die Kirche getragen mit großer Reverenz. Da das Gerücht auskommen, ist ein großer Zulauf von allen Orten her gen Zehdenick worden und sind unter andern auch dahin kommen: Bischof Rüdiger von Brandenburg und die beiden Markgrafen, Johannes und Otto, Gebrüder, sammt ihrer Schwester Mechtild, Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg.

Zum Gedächtniß dieser Geschichte hat man allda, mit Rath des Bruder Herrmann von Langeln, Lektors im grauen Kloster zu Berlin, der der Markgrafen Beichtvater gewesen, ein Jungfrauenkloster Zisterzienser Ordens gestiftet und aufgerichtet im folgenden 1250sten Jahre.

Quelle: Johann Gustav Gottlieb Büsching: Volkssagen, Märchen und Legenden, Leipzig, Reclam, 1812,