<<< zurück | Sagenbuch des Preussischen Staates - Die Marken | weiter >>>

Der Grabstein zu Legde

  Nach Beckmann, S. 316.

Zu Legde in der Inspection Wilsnack ist die Geschichte von der gewaltthätigen Entleibung des damals jüngern Dietrichs von Quitzow, dessen Begräbniß sonst zu Ruhestätt ist, und seiner Bedienten, auch was die Thäter für einen Lohn bekommen, an einem auf der Straße an dem Ort, wo die Mordthat verrichtet worden, aufgerichteten Quaderstein, über welchem des Erschlagenen Bildniß geharnischt in Lebensgröße, in folgender Inschrift ausgehauen:

Gönstiger Leser sey bericht,
Was sich begeben vor Geschicht
Allhier, als man zehlet tausend Jar
Fünfhundert drey und Neuntzig zwar.
Am fünf und zwantzigsten Octobris,
Wie solchs drum hie beschrieben ist,
Es war ein junger Edelman
Und Dietrich von Quitzow sein Nahm.
Dietrichs Sohn, der hat seinen Sitz
Am Ohrt, da Er begraben itzt.
Dreyßig Jahr hat Er erreicht,
Und gelebt im Ehstand, dasmahl gleich
Dreyzehn Monat ohne Leibes Erben,
Und must endlich hie kläglich sterben.
Denn als er zween Tag vor der Zeit
Nach Gläven auf die Jagt ausreit,
Und Sich wieder anher kehren thät
Nach seinem Erbsitz, heist Ruhestäht:
Wird Ihm unterwegens gesagt,
Daß seine Unterthanen geplagt Und gedrengt würden im Gericht
Von Lands Knechten, welchs Ihm nicht
Zu dulden wäre, und daß die Schaar
Bey Sechtzig eben zu Legde war.
Als er darauf gen Legde kahm,
Und vom Führer wolt hören an,
Mit was befehlig Er versehn,
Thät der Führer gar trotzig stehn
Neben seinen Knechten und alsfort
Lügen strafen des Junckers Wort
Zu dreyenmahln, ungeacht
Der Juncker ihm nichts Böses sagt,
Saß auf dem Pferd, laß das Patent
So Ihm der Führer in die Händ
Gegeben hat, aber was geschicht,
Es konnt die Wort verdulden nicht
Christoff von Rhetstorff, der Ihm dient,
Und solchen Trotz zu rechen meint,
Erscheust den Führer also bald:
Die Landsknecht drauf mit gantzer gewalt
Auf den Juncker eindrungen hart,
Daß er vom Pferd gerissen ward.
Und jämmerlich ohn alles erbarmen,
Ob er schon that flehen und Karmen,
Er gar tödtlich ward verwund,
Daß Sechtzig Wunden man an Ihm fund;
Und als Er lag im Koht und Schlam,
Die Knecht zum Theil auch warn davon,
Des Führers Weib schaut ohngefehr,
Daß Er sein Haupt noch richt empor,
Alsbald sie zu Ihm einlauft,
Mit ihren Schuen Ihn tritt und rauft,
Endlich die Kehl ihm schneidet ab,
Ja das vom Weib war viel zu grob,
Die Augen Ihm auch ausstechen thut,
Also must bleib'n des Adelich Bluht
Zwar erbärmlich: die Seel bei Gott
Ohn Zweifel ewig Ruhe hat,
Den Leib zu Ruhstät anher bracht
Hat sein Ruh bis an jüngsten Tag.
Der Knecht, seinen Juncker zu rächen,
Thät sich unter die Knechte stechen,
Verwund einen, must aber doch
Ins Schultzen Hof kriechen zu Loch,
Dahin er floh für ihren Händen.
Der von Rehtstorf der thät sich wenden
Bald aus dem Dorf, aber bekam
Auch soviel Stich, daß Er da nahm
Ein kläglich End; Gott wol uns geben
Samt Ihm das Ewige Leben.
Der Thäter Sieben bekommen han
Dafür auch ihren verdienten Lohn,
Welchen die Köpfe abgehauen,
Die man auf Stecken thut schauen
Von der Heerstraßen nicht sehr weit,
Daß ander dadurch werden abgescheut;
Ihr zween zur Staup man geschlagen hat,
Zwantzig des Lands verwiesen that;
Diß Geschicht man drum wolt beschreiben,
Daß sie sollt im Gedächtniß bleiben.
Der lieb Gott wolle uns allzumahl
Bewahrn für einem solchen Fall,
Wenn wier Ihm uns täglich befehlen,
So seyn wir behüt an Leib und Seelen,
Das gieb uns Herr durch deinen Nahmen,
Wers mit begehrt, der spreche Amen.

Anno Domini 1590.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 101-102