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Sagen von dem Ursprünge der Stadt Görlitz - Erste Sage

  Frenzel, nomenclator in script. II. 39. 
  Ejd. lex, slav. I. 827. msc. 
  Grosser III. 69. 
  L. Mon. Schr. 1803 II. 77. 1806 1. 146. 
  Görl. Wegweiser 1832 S. 131.

Da wo jetzt die Stadt Görlitz steht war vor Alters ein Urwald, ein dichter heiliger Eichenhain, in welchem die deutschen Bewohner des Landes lange vor der Wenden Ankunft ihren Gott Schwabus verehrten. Noch heißt zum Andenken daran eine Gasse der Hainwald, und zeigt durch ihre Lage uns an, daß die heidnische Opferstätte auf dem an der Morgenseite steil gegen die Neiße abfallenden Felsen war, wo sich jetzt die schöne Peterskirche erhebt.

Gegenüber am rechten Ufer des Flusses wurden später, als die Deutschen fortzogen und die Slaven ihnen nachgerückt waren, drei Kretscham erbaut, einer stand auf der Anhöhe, wo jetzt das Haus des Vereins zur Versittlichung verwahrloster Kinder ist. Diese Wirthshäuser dienten zur Aufnahme der Reisenden, welche die hier sich kreuzenden uralten Handelsstraßen aus Böhmen nach der Mark Brandenburg und aus Polen und Schlesien nach Sachsen und Meißen entlang zogen und durch die hier befindliche Furth über die Neiße gingen. Nach und nach wurde der Wald von Anbauern gelichtet und in fruchtbare Aecker verwandelt.

Es entstanden die Dörfer Tachow und Drebnow. Letzteres umfaßte die jetzige Nikolai-Vorstadt und reichte bis hinauf zur Peterskirche, wo der böhmische Herzog Sobieslaus der Aeltere ein Blockhaus aus Baumstämmen erbaut und mit einer Besazung versehen hatte, an der Stelle, wo sonst der Voigtshof war und jetzt das Zuchthaus steht. Dieses Dorf, welches bereits zu einem Marktflecken erhoben worden war, sammt der Holzburg, brannte im Jahre 1131 ab. Da machten sich des Herzogs Leute auf und kamen zu ihm klagend und jammernd und sagten: Zgorzilo je szo Drewno – verbrannt ist uns dein Drebnow. Aber Sobieslaus hieß sie guten Muthes sein und versprach ihnen, er wollte, ihrer Worte eingedenk, ihnen anstatt der hölzernen Gebäude steinerne aufführen.

Gesagt, gethan! Noch in demselben Jahre kam er in die Lausitz, erneuete, vergrößerte und besserte die Stadt, umgab sie mit einer Mauer und nannte sie zum Gedächtniß des Brandes Zgorzelize, Görlitz, Brandstatt. Die Mauer zog sich von der neuerbauten Burg bis an's Niklas - Thor, von da um die Oelschläger- und Plattnergasse herum, zwischen der Brüdergasse und dem Kloster hindurch bis an die ehemalige Pforte, das jetzige Weberthor, von da bis an's Neißthor und hinauf zur Burg. Markgraf Otto erweiterte dann später 1255 die Stadt und gab der Mauer den Umfang, den sie noch bis zum Jahre 1849 hatte, wo man sie größtentheils abtrug.

Anmerkungen: Ueber Gott Schwabus und den heil. Hain vergl. I. 1., ll. 1.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862