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Tschirsky

  Sinapius I, 1000

Die Herren v. Tichirsky stammen von einem tapfern polnischen Krieger, Namens Wieniawa, welcher in Friedenszeiten auf einer Anhöhe in der Mitte eines großen Waldes in einer Hütte wohnte und sich vom Kohlenbrennen zu erhalten pflegte. Einst wird dieser gewahr, daß mehre Male, wenn er seine Wohnung verlassen, um seiner Nahrung nachzugehen, Jemand in dieselbe eingedrungen ist und allen darin befindlichen Brodvorrath aufgezehrt oder weg geführt hat. Er verbirgt sich also eines Tags darin mit einem jungen Eichenaste, um den Dieb gebührlich zu empfangen. Doch siehe! anstatt eines Menschen, wie er erwartet, schreitet ein Büffel herein und schnuppert herum nach Brode. Schnell entschlossen faßt der starke Kriegsmann ihn bei den Hörnern an, zieht ihm den Eichenast durch die Nase und bricht ihn zusammen wie einen Ring.

An diesem Ringe führt er ihn durch den Wald hindurch bis vor den König. Der fragt ihn, was er wolle und welche Gnade er sich aus zubitten komme? - Majestät, sagt der Soldat, ich habe diesen Büffel in meiner Hütte gefangen, als er mein Brod fressen wollte, und bringe ihn her für die königliche Küche, damit er selbst gegessen werde. Ich aber bitte nur um die Gnade, so lange ich lebe, im Walde Kohlen brennen zu dürfen. Diese Freiheit gewährt ihm aber der über des Mannes Kraft und Behendigkeit erfreute König nicht nur, sondern schenkt ihm auch den ganzen Wald zum Eigenthum und läßt ihm ein Schwert reichen, den Büffel damit zu tödten. Nach dem nun Wieniava diesem mit einem Streiche den Kopf abgehauen, wird er selbst zum Ritter geschlagen und mit einem Wappen belehnt, welches im goldnen Schilde einen Büffelkopf mit einem Ringe in der Nase zeigt. Von diesem Ringe nannten sich seine Nachkommen Pierscy; denn dieser Name kommt von einem polnischen Worte, welches Ring bedeutet, woraus in der Folge Tschirsky geworden ist.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862