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Die Goldquelle (Haupt)

  Gräve, S. 86.

Im Anfange des vorigen Jahrhunderts lebte zu Budissin ein ehrsamer Bürger, der die Woche über fleißig arbeitete, aber Sonnabend Abends gern ein Gläschen über den Durst zu trinken pflegte. Am Sonnabend Abend vor Pfingsten des Jahres 1702 kam er von einer lustigen Landpartie stark berauscht zurück. Aber er konnte sein Haus nicht finden und gerieth – weiß der Himmel wie – in die Ruinen der Nikolaikirche. Dort aber überwältigte ihn die Müdigkeit und auf dem früheren Altarplatze der Ruine streckte er sich ins Gras und fiel sofort in einen festen Schlaf. Als er erwachte, war es finstere Nacht, aber dicht neben ihm leuchtete ein helles Licht. Er rafft sich auf – da sieht er einen festlich geschmückten Altar und ein von Lampen erleuchtetes Altarbild. An den Altarstufen aber quoll es heraus wie ein Springquell von lauter Gold- und Silbermünzen. Erstaunt sieht er sich um, geht wie im Typ:traum|Traume hin und her – da stößt er an einen Krug und plötzlich wird ihm klar, was er zu thun hat. Er faßt sich ein Herz, nimmt das Gefäß und füllt es bis zum Rande mit den Münzen an, füllt auch noch Taschen und Hut und Halskrause. Da schlägt es Eins, ein Hahn kräht in einem benachbarten Dorfe und der Glückliche eilt nüchterner als er gekommen von dannen und nach Hause. Die Goldstücke waren größtentheils aus der Zeit des Königs Maximilian und Matthias. Welchen Gebrauch er von dem Schatze gemacht und ob er heil- oder unheilbringend für ihn gewesen ist, das ist nicht laut geworden.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862