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Kaiser Heinrich IV. und der Dom zu Goslar

Kaiser Konrad II. war schon Willens gewesen, das Stift von der Harzeburg nach Goslar zu verlegen, mußte aber, vom Tode übereilt, diese Ehre seinem Sohne und Reichserben Heinrich III. überlassen und hat nur eine Kirche zur Ehre der Jungfrau Maria in Goslar erbaut.

Im Jahre 1051 hat Kaiser Heinrich herrlich vollendet, was sein Vater angefangen. Denn er hat in Gegenwart von 73 Prälaten, Aebten, Bischöfen und Erzbischöfen das freie Exerntstift zu Goslar mit großem Pomp und Herrlichkeit entweder durch Papst Leo IX. oder durch Hermann, Erzbischof zu Köln, einweihen lassen.

Es hat auch der Kaiser mit vielen Reliquien und Heiligtümern den Dom zu ehren nicht unterlassen, vor allem mit dem Leib des heiligen Valerius, der ein Bischof zu Trier gewesen. Ueberdies hat er von dem Papste viele Reliquien von den Aposteln Petro und Paulo erbeten, zwei Schultern der heiligen Simonis und Judä, wie auch das Haupt des heiligen Servatii, einen Theil von dem Blute des heiligen Stephani, den Leib des heiligen Matthiä, der von den Trierschen mit großen Gütern ist erkauft worden, und noch viele andere, welche zu der Zeit hochgehalten worden und der Kirche ein treffliches Ansehen gegeben haben.

Die Einweihung ist geschehen am Tage der Märtyrer Processi und Martiniani, welches ist der andere Juli, und ist gewidmet zur Ehre der heiligen Mutter Gottes und der heiligen Apostel Simonis und Judä. Ursprünglich wurde die Kirche nach der Maria, später nach den Aposteln genannt.

Im Jahre 1063 beging des Kaisers Nachfolger, Heinrich IV., den Christtag zu Goslar, an welchem Feste ein großes Aergerniß geschehen, das der Geistlichen Ehrgeiz der ganzen Welt gegeben. Am Weihnachtstage, wie des Abends die Stühle der Bischöfe zurechte gesetzt worden, hat sich ein großer Streit erhoben zwischen den Kämmerern Hecelonis, Bischofs zu Hildesheim, und Wiederadi, Abts zu Fulda, und sind sie von Worten zu Schlägen kommen, hätten auch endlich zum Degen gegriffen, wenn nicht das Ansehen Ottonis, Herzogs in Baiern, welcher es mit dem Abt hielt, die Sache gestillet hätte; die Ursache aber war diese. Es war eine Gewohnheit im Reiche, so von langen Jahren her war in Acht genommen worden, daß der Abt in allen Versammlungen nächst dem Erzbischofe von Mainz seine Stelle nehme. Aber der Bischof wendete ein, daß in seiner Inspektion außer dem Erzbischofe ihm Niemand müßte vorgezogen werden, und war überdies muthig wegen seines Reichthums, und wurde gereizt durch die Gelegenheit, indem bei des Königs jungen Jahren ein Jeder thun mochte, was ihn gelüstete.

Am folgenden Pfingstfeste ist dieser Zank wegen des Vorsitzes zu einem gräulichen Blutbad ausgeschlagen, womit in der Kirche selbst nicht dem Heiligen Geist, sondern dem Teufel ein reichlich Opfer gebracht ist. Als der König und die Bischöfe in der Vesper zusammengekommen waren, ist wiederum wegen der Ordnung der Stühle ein Lärm entstanden, nicht wie zuvor von ungefähr, sondern aus lang bedachten Anschlägen. Der Bischof zu Hildesheim, des vorigen Schimpfes eingedenk, hatte Graf Eckberten mit vielen Soldaten hinter den Altar verstecket, welche, nachdem sie den Wortstreit der Kämmerer gehöret, eilig hinzuliefen, und schlugen die Fuldaischen theils mit Fäusten, theils mit Prügeln, und verjagten sie, als die unversehens überfallen waren, leichtlich aus der Kirche. Die Fuldaischen aber machten geschwinde Lärm, und weil es ihnen nicht an Gewehren fehlte, fielen sie haufenweise in die Kirche, und fingen mitten auf dem Chor unter den singenden Domherren nicht, wie vor mit Prügeln, sondern mit Degen, den Streit an. Es wurde eine grausame Schlacht, und wurde in der ganzen Kirche, anstatt geistlicher Gesänge, nichts Anderes gehört als Zurufen der Soldaten und Heulen der Sterbenden. Auf dem Altar Gottes wurden jämmerliche Menschenopfer geschlachtet, und flossen hin und wieder durch die Kirche Ströme Blutes, » nicht wie für diesem nach den Gesetzen des Gottesdienstes«, sondern durch feindliche Grausamkeit vergossen. Der Bischof zu Hildesheim stellte sich auf einen erhabenen Platz und ermahnte die Seinen, daß sie tapfer fechten sollten, und damit sie nicht durch die Heiligkeit des Orts von dem Streit abgeschreckt wurden, schützte er sein Ansehen vor und versprach, daß er es verantworten wollte. Unter diesen Streit rief der König und beschwor das Volk bei der königlichen Majestät, aber es war, als wenn er Tauben was gepredigt hätte. Endlich von den Seinen gebeten, daß er doch aus dem Streite weichen und seines Lebens schonen möchte, hat er sich kaum durch das Gedränge des Volks hindurchdrängen und in seinen Palast salviren können. Die Hildesheimischen, welche sich zum Streit geschickt hatten, wurden Meister. Die Fuldaischen, als welche unbewehrt und unvermuthet dieser entstandene Sturm zusammengetrieben, wurden geschlagen und aus der Kirche gejagt. Die Thüren wurden alsbald verriegelt. Die Fuldaischen, welche bei dem ersten Tumult ihr Gewehr herbeizuschaffen sich etwas weit gemacht hatten, liefen wieder häufig zusammen, nahmen den Vorhof der Kirchen ein, machten eine Schlachtordnung, daß sie in die Feinde im Ausgehen aus der Kirche recht einfallen könnten. Aber die Nacht hat endlich den Streit geendigt.

Das Blut ist zuletzt aus den Thüren geflossen. Viele sind verwundet von beiden Seiten, viele auf dem Platze geblieben, unter welchen waren Reginbodo, ein fuldaischer Fähnrich, und Bero, der Graf Eckberten ein lieber Soldat war. Auch Buko, ein Bischof zu Halberstadt, welcher genannt wird ein Schürer der Flammen im Sachsenlande, blieb da todt und liegt begraben zu Ilsenburg. Ingleichen ein Graf von der Sommerschenburg blieb da auch todt und liegt begraben mitten in dem Münster, weil er ihm die Güter zu Schlanstedt und zu Dedeleben gegeben hatte. Noch andere Adelige aus Schwaben, Baiern, Franken und aus diesem Lande (Sachsen) wurden da getödtet. Da ward gehört der Teufel, der in das »Hunc diem gloriosum fecisti!« mit grober Stimme dazwischen sang: »Düssen Dag des Strietes hewwe ek emaket.« Und dabei ist er auch gesehen, war feuerroth anzuschauen und bläkte eine feurige Zunge heraus. Das Erscheinen des Teufels im Dom zu beweisen, pflegte noch im siebenzehnten Jahrhundert gezeigt zu werden ein Loch, wodurch der Geist der Finsterniß soll gerufen haben, welches, wie man dafür gehalten, nicht hat können zugemauert werden. Eine so große Uebelthat ist ungestraft geblieben, weil Graf Eckberten, der des Kaisers Vetter war, aus Gunst ist übergeholfen worden, und der Abt mit einer großen Summe Geldes sich loskaufte.

Quellen: