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Der Bursche und der Kobold im Koblosee

  Lasow

Der Kobold, welcher im Koblosee wohnt, hatte eine wunderschöne Tochter. Diese kam eines Abends nach Lasow in die Schenke, als dort Tanz war, um sich an dem Vergnügen zu betheiligen. Wo die Tochter des Kobolds ging und stand, da troff das Wasser von ihr nieder. Die Burschen tanzten gern mit ihr, weil sie so schön war: einer der Burschen wollte sie auch nach Hause begleiten, obgleich er gemerkt hatte, dass sie die Tochter des Kobolds sei. Sie bat ihn, davon abzustehen, er aber wollte nicht, ja er sagte, er würde ihr auch in das Wasser folgen. Da nahm das schöne Mädchen die Begleitung an.

Als sie an den Koblosee kamen, rieth das Mädchen dem Burschen noch einmal von seinem Vorhaben ab, er aber blieb fest. Darauf gingen sie in den See hinein und kamen hier bald an einen schönen Palast. Dort wies das Mädchen dem Burschen ein besonderes Gemach an, in welchem sich auch ein Bett befand. Der Bursche ging in sein Gemach. Kurze Zeit darauf kehrte der Kobold heim. Sogleich rief er seine Tochter herbei und sagte, er rieche Menschenfleisch, ob sie es nicht auch rieche. Dabei spähte er überall umher. Seine Tochter aber sagte, sie rieche nichts und suchte ihren Vater auf andere Gedanken zu bringen. Sie meinte, es komme ihren Vater der Geruch wohl nur so an, weil sie eben erst mit Menschen verkehrt habe. Das schien dem Kobold glaublich und er gab sich zufrieden. Darauf ging er in sein Gemach. Nun aber kam der Bursch, welcher Alles gehört hatte und in Folge dessen in grosser Angst gewesen war, eilig herbei und bat die Tochter des Nix, sie möge ihn wieder auf die Oberwelt führen, was diese sofort that.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880