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Der Pelzmann zu Schmölln

  S. Winter in d. Constit. Z. 1854. Nr. 219 
  nach Gräve S. 125. sq.

Wir haben schon oben (Nr. 183) eines Pagen Churfürst Johann Georgs III. von Sachsen, Karl Heinrich von Grünau’s gedacht, der dem sogenannten Pagenbette auf dem Königstein den Namen gab.

Dieser Mann hatte sich nach dem Tode seines Herrn (1691) nach Schmölln bei Bischoffswerda zurückgezogen und lebte hier, nicht wie es andere Edelleute seiner Zeit zu thun pflegten und sein früheres Treiben als Page es wohl hätte erwarten lassen, der Jagd, dem Trunke und Spiele, sondern den Wissenschaften. Er beschäftigte sich eifrig mit Physik und Naturgeschichte, und brachte in seinem Schlosse ein förmliches Kabinet von ausgestopften merkwürdigen Thieren, mathematischen Instrumenten, getrockneten Pflanzen und alten Büchern zusammen.

So konnte es nicht fehlen, daß, da er vorzüglich allen Umgang mit seinen Nachbarn mied, er in den Ruf eines Zauberers und Hexenmeisters gerieth. Wie er gelebt hatte, starb er; zwar wußte Niemand etwas Unrechtes von ihm, allein sein Andenken umgab fortan ein geheimnißvoller Nimbus, vorzüglich als bei der Aufnahme seiner Hinterlassenschaft durch die Obrigkeit gerade um die zwölfte Mittagsstunde, während einer der Gegenwärtigen in einem alten bestaubten, mit Schlössern versehenen Buche blätterte, plötzlich ein Schwarm Dohlen, Krähen, Elstern und anderer Vögel auf einmal im Hofe und an den Fenstern erschienen, die, als jener das Buch in den Kamin geworfen, daß es mit lautem Knall zersprang, und zum Ueberfluß noch einige an den Wänden aufgehangene Gewehre herabstürzten, mit lautem Krächzen davon flogen.

Seit dieser Zeit erzählt man, soll der muntere Jagdpage in einen Pelz gehüllt, ganz wie er es in seinem Alter zu thun pflegte, im Dorfe um die Weihnachtszeit herumwandeln, an die Thüren klopfen, und wenn sich etwas Wichtiges in der Familie des Gutsbesitzers ereignen oder dem Dorfe ein Unglück drohen soll, dasselbe anzeigen. Sagt man also: „der Pelzmann hat sich gezeigt, geht um,“ so ist auf einmal Alles in Angst und Sorge über die Dinge, die da kommen sollen.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 296