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Der Kochjunge auf der Ortenburg

  Gräve S. 194 sq.

Auf dem Schlosse Ortenburg zu Budissin war einmal ein gottloser Kochjunge, der sein Vergnügen darin suchte, in einem fort zu schimpfen, zu fluchen und zu lästern, gleichsam als sei kein Gott im Himmel, der das Gute belohne und das Böse bestrafe.

Nun begab es sich, daß einst die Mächtigen in der Provinz auf dem Schlosse ein Prunkmahl feierten, bei welchem nach damaliger Sitte weidlich gegessen und getrunken ward. Dabei vergaßen sich nun aber auch die Diener nicht, und sie zechten wo möglich noch derber als ihre Herren, der Kochjunge aber war einer der ärgsten und trieb es mit Fluchen und Schwören ärger als je zuvor, ja er forderte den Teufel vermessen heraus, ihn zu holen, schalt ihn feig, stampfte mit dem Fuße und sagte: „er solle nur kommen, er wolle schon mit ihm fertig werden“.

Da erschien plötzlich der Satan in seiner furchtbarsten Gestalt, ergriff den Buben bei’m Schopf, fuhr mit ihm durch das auf den Schloßhof führende Küchenfenster und zerschellte ihm über demselben den Schädel, woran man die Blutspuren noch vor wenigen Jahren erblicken konnte.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 159