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Der Berggeist am Donat zu Freiberg

  Ziehnert Bd. III. S 170 sq.

Auf dem Donat Spath, im Bereiche der Elisabethen Fundgrube zu Freiberg sieht man in der Nähe eines alten Schachtes den Namen Hans in Stein gehauen und deutet ihn als das Erinnerungszeichen an einen hier verunglückten Bergmann dieses Namens. Die Sage erzählt hierüber Folgendes.

Es hat einmal am Donat ein armer Bergmann, Namens Hans, gearbeitet, der so in Dürftigkeit schmachtete, daß er oft in der Grube mit Thränen laut über seine Noth jammerte. Da zertheilte sich einmal plötzlich der Felsen und aus dem steinernen Thore trat ein kleines Männchen hervor. Das war der Berggeist.

Der sprach zu ihm: „Hans, ich will Dir helfen, aber Du mußt mir jede Schicht dafür ein Pfennigbrod und ein Pfenniglicht geben und keinem Menschen etwas davon sagen.“ Hans erschrak zwar, allein da er sah, daß derselbe guter Laune sei, so versprach er Alles. Der Berggeist verschwand und ließ ihm viel Silber zurück, Hans aber hatte nun immer Ueberfluß an Geld, ließ tüchtig aufgehen, hütete sich aber wohl, irgend Jemandem etwas von seiner Geldquelle zu sagen.

Da kam das Stollnbier, an welchem die Bergleute gewöhnlich etwas über die Schnur zu hauen pflegen. Dies that leider auch Hans, und nicht lange dauerte es, so war er schwarz, vergaß sein dem Berggeist gegebenes Versprechen und erzählte seinen Genossen, was ihm begegnet war.

Am andern Tage, als er nüchtern geworden, erinnerte er sich freilich an sein Geschwätz, allein er konnte das Gesagte nicht wieder zurücknehmen und fuhr mit Zittern und Zagen an. Sein Geschäft war aber, den Knechten, welche am Haspel1) standen, das Zeichen zu geben, allein dasselbe ließ an diesem Tage lange auf sich warten, man rief ihn zwar, aber es erfolgte keine Antwort. Plötzlich zuckte es am Seile, ein helles Licht erglänzte in der Teufe, und die Haspelknechte2), die freilich nicht wußten, was das zu bedeuten haben könne, drehten gleichwohl geschwind den Rundbaum und bald war der Kübel zu Tage gefördert.

Allein statt des Erzes lag in demselben der Bergmann Hans todt mit blauem Gesichte wie ein Erwürgter, auf ihm das letzte Pfennigbrod und rings um den Kübel brannten die Pfenniglichter, die er dem Berggeist geopfert hatte und die dieser jetzt samt dem todten Geber zurückgab.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 226


1)
Anmerkung Sagenwiki: Die Haspel, oft Weife genannt, ist ein technisches Hilfsmittel zum Auf- und Abwickeln von langgestreckten, biegsamen Materialien wie Schläuchen, Rohren, Garnen, Seilen, Drähten und Bändern. Eine Haspel wird zu dem Zweck verwendet, linienförmiges Material in eine handhabbare, kompakte Form zu bringen, sie vor dem Verwirren und Verknoten zu sichern und sie bis zum weiteren Gebrauch in dieser Form zu lagern.Quelle: Wikipedia
2)
Anmerkung Sagenwiki:Ein Haspelknecht, auch Haspelzieher oder Haspler genannt, ist ein Bergmann, der im frühen Bergbau als Transportarbeiter in der Schachtförderung tätig war. Quelle: Wikipedia