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Der Einsiedler im Ottowalder Grunde

  Hofmann S. 152 sq.

In der Gegend von Lohmen war im 13. Jahrhundert ein gewisser Ritter Otto von Greifenstein angesessen, derselbe nahm das Kreuz und zog in das gelobte Land; allein er hatte das Unglück, in einem der zahlreichen Gefechte gegen die Ungläubigen von denselben gefangen genommen zu werden. Nachdem er 17 Jahre lang in der Gefangenschaft geschmachtet, hatte er das Glück, auf einer Löwenjagd seinem Herrn, einem seldschuckischen Emir, das Leben zu retten, worauf ihm dieser die Freiheit schenkte.

Er kehrte also in sein Vaterland zurück, allein hier fand er zu seinem Schrecken, daß seine Güter theils von dem damaligen Landesherrn, theils von der Kirche in Besitz genommen worden waren, weil man ihn für todt gehalten hatte und andere Erben nicht da waren. Er beschloß also, da Niemand von den Seinigen mehr lebte, er übrigens auch bereits die Mittagslinie des menschlichen Lebens überschritten hatte, seine übrigen Tage dem Herrn zu weihen, und zog sich daher in die wilde Einöde zurück, welche heutzutage der Ottowalder Grund genannt wird, erbaute sich hier eine Einsiedelei, wo er bald von der ganzen Umgegend wie ein Heiliger unter dem Namen des Frommen Otto verehrt und der Grund nach ihm Otto’s Waldgrund (Ottowalder Grund) genannt ward.

Da aber, wo sich in dem Grunde unweit von dem silberhellen Bächlein ein riesenhafter sargähnlicher Stein (beim steinernen Hause) erhebt, soll das Grab des frommen Mannes sein.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. Schönfeld, Dresden 1874