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Die sieben Brüder im großen Garten zu Dresden

  Mündlich. 
  Poetisch beh. v. Th. Hell in Günthers Poet. Sagenbuche der Deutschen, S. 171. sq.

Wenn man im großen Garten von der früher sogenannten Hoch’schen Wirthschaft (jetzt die Restauration des Zoologischen Garten) auf einem Seitenwege nach der den Namen Pikardie (nach dem Erbauer derselben, H. Pikart, genannt) führenden geht, so gewahrt man hart am Wege einen ungeheuren Lindenstamm, der in sieben Aeste ausläuft, die aber oben abgekuppt sind, so daß das Ganze fast das Ansehen von einem Kandelaber mit sieben Armen, der zugleich die Form eines Lehnsessels hat, erhält.

Die Entstehung dieses sonderbaren Naturspiels wird aber verschieden angegeben. Nach Einigen sollen einst sieben Schwestern, deren Eltern nahe beim großen Garten ihre Wohnung hatten, eben so viele Lindenbäumchen neben einander geflanzt haben, indem sie sich das Versprechen gaben, an einem gewissen Tage, möchten sie auch noch so entfernt von einander sein, sich hier wieder finden zu wollen. Der bald darauf ausgebrochene 30jährige Krieg habe jene Familie von ihrer Heimath vertrieben, jene sieben Stämmchen aber seien lustig gewachsen und ihre Wurzeln hätten sich nach und nach so verkettet, daß sie sich zu einem Baume von sieben Aesten vereinigten.

Wie aber Andere wollen, sollen einst sieben Brüder ein Mädchen geliebt haben, und als diese gestorben, zum Andenken und Gelübde, daß sie immer unverehelicht bleiben wollten, diese sieben zuletzt in einen Stamm zusammengelaufenen Lindenbäumchen gepflanzt haben.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. Schönfeld, Dresden 1874