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Schweinsohren und Erbsen, ein Tangermünder Gericht

Der Erzbischof Dietrich Kagelwirt von Magdeburg war der Sohn eines ehrsamen Bürgers von Stendal, welcher der Gewandschneider- oder Tuchmachergilde angehörte. Sein eigentlicher Name war Dietrich von Porditz. Ersteren Namen soll er von seiner böhmischen Besitzung erhalten haben. Als Erzbischof war er der treue Begleiter Karls IV., der mit Vorliebe in Tangermünde residierte und diese Stadt zur nördlichen Hauptstadt seines Landes zu machen gedachte. Bevor Dietrich von Porditz den erzbischöflichen Stuhl zu Magdeburg bestieg, war er längere Zeit Verwalter der kaiserlichen Burg zu Tangermünde. Seine Wirtschaftsführung zeugte sowohl von unwandelbarer Treue als auch von gewissenhafter Ordnung und Pünktlichkeit.

Einst kam der Kaiser unerwartet nach Tangermünde und besichtigte die ganze Wirtschaft sowie die darüber geführten Bücher aufs Genaueste. Er fand alles in schönster Ordnung. Nun war es für den Hausmeier keine leichte Aufgabe, den kaiserlichen Herrn zu bewirten, zumal dieser den Befehl gegeben hatte, dass seinetwegen nicht ein einziges Tier geschlachtet werden sollte. Aber etwas Schmackhaftes wollte man doch dem Kaiser vorsetzen. Da erfand der kluge Küchenmeister ein recht schmackhaftes Gericht, das selbst der bekannte Feinschmecker Lukullus gewiss noch nicht gegessen haben mochte. Dieses Gericht war eine Erbsensuppe mit kleinen Fleischstücken. Der Kaiser, dem das Gericht ausgezeichnet mundete, glaubte aber, man habe seinen Befehl, kein Tier zu schlachten, übertreten. Deshalb musterte er nochmals sämtliche Stallungen und zählte den ganzen Viehbestand. Als er in die Schweineställe kam, bemerkte er, dass hier und da einem Schwein ein Stück vom Ohr oder auch vom Schwanz abgeschnitten war. Diese Stücke hatten die Leckerbissen zur kaiserlichen Tafel hergeben müssen. Da lachte der Kaiser herzlich über den klugen Einfall und lobte die Sparsamkeit und den haushälterischen Sinn seines Beamten. Aber auch sonst war Karl mit Dietrich von Porditz sehr zufrieden, sodass dieser bald darauf zu den höchsten geistlichen Würden stieg.

Seit jener Zeit aber sind Erbsen mit Schweinsohren und Sauerkohl nicht nur in Tangermünde und Stendal, sondern in der ganzen Altmark ein beliebtes Gericht.

Quelle: Oskar Ebermann, Die schönsten Sagen von der Elbe und den anliegenden Landschaften und Städten, Verlag Hegel & Schade, Leipzig