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Paul Gerhard im „Hungrigen Wolf“

  R. Scharnweber & O. Jungrichter: Sagen, Anekdoten und Schnurren aus dem Kreise Luckau, Berlin 1933

Als Paul Gerhard aus Berlin typ:fluchtgeflüchtet war, kam er am Abend in die Schenke, die zwischen Berlin und Lübben lag und ließ Essen auf den Tisch tragen. Denn seine Frau und Kinder waren hungrig. Er aber aß noch nichts und führte den Wirt zur Barmherzigkeit. Die Nacht um zwölfe kamen zwei und klopften an das Fenster. „Wir wollen hinein“. Der Wirt antwortete: „Nachts um zwölf laß ich niemanden mehr herein, Ihr könnt Räuber sein“. „Wir sind bloß matt und müde. Wir wollen uns stärken und wollen auch nicht hier bleiben“. Paul Gerhard sprach zum Wirt: „Auf mein Wort hin sollt ihr sie herein lassen. Es werden rechtschaffene Leute sein.“ So ließ sie der Wirt herein, gab ihnen zu essen und zu trinken und Paul Gerhard fragte: „Es ist doch Nacht und ihr wollt nicht hier bleiben?“ „In Berlin ist ein Prediger zum Tode verurteilt worden. Wir müssen vor der Hinrichtung da sein, daß er seinen Kopf nicht verliert, sonst verlieren wir auch unsere Köpfe.“

„Wie heißt er denn, der Prediger?“ „Paul Gerhard.“ „Das bin ich, derselbe und wenn mich der liebe Gott nicht behütet hätte, mein Kopf wäre weg und ihr würdet Eure auch verlieren.“ Sonach brauchten sie nicht weiter zu gehen und blieben da und bezahlten des Morgens früh für ihn und was seine Familie verzehrt hatte. Da dichtete er das Lied am selben Ort: Befiehl du deine Wege. Dann gingen sie nach Lübben und da ist Paul Gerhard wieder Prediger geworden. Die zwei waren vom sächsischen Kurfürsten gesandt und hatten die Berufung zum Amte gleich mit.

Quellen: E.H.Wusch: Sagen meiner Heimat, eine Sammlung mündlich übertragener Sagen der Lausitz