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Die Herren von Hohensax

Zwischen dem Altman-Berge, dem Nachbar des Hohen-Säntis und dem Rheinthale, liegt die alte Stammburg der Freiherren von Hohensak. Deren einer hieß Hans Philipp, war ein ritterlicher Kriegsheld und zog ins Niederland, für dessen Freiheit er mitfocht, war ein Protestant und gerade in Frankreich, als die Ketzerverfolgung begann. Mit Mühe entrann er der Pariser Bluthochzeit. Dieser Freiherr von Hohensax hielt die alten Lieder gar werth, welche die Minnesänger in der Schweiz und in Schwaben gedichtet und gesungen hatten, und besaß von ihnen jenes hochwerthe Buch, das ein Stolz der deutschen Poesie, jetzt aber in den Händen der Franzosen ist, die es vordessen aus Deutschland entführt haben, und nimmermehr wieder herausgeben, weil man es ihnen nicht wieder genommen hat, da es rechte Zeit dazu war. Gar werth hielt der Freiherr das alte Liederbuch, da geschah es, daß ihm, manche sagen um des Glaubens Willen, sein Neffe Ulrich Georg von Hohensax erschlug, das geschah im Jahre 1559. Darauf kam das Buch mit dem unverwelklichen altdeutschen Liederschatz in die Hände und in die Liederei des Kurfürsten von der Pfalz gen Heidelberg, von wo es durch die Franzosen weggeschleppt wurde. Wunderbares aber begab sich mit dem Leichnam des Ermordeten; dieser verwesete nicht, als er in der Kirche zu Sennewald beigesetzt war, das dünkete die Umwohner ein absonderliches Zeichen, und meinten, obgleich der Verstorbene stetig ein Protestant gewesen, er müsse etwa doch ein heiliger Mann gewesen sein. Verschafften sich heimlich von ihm erst einen Finger, dann deren mehr, endlich wurde der ganze Leichnam hinweggeführt, gerade wie sein alter Liederschatz, nur mit dem Unterschied, daß die Sennewalder Klage erhoben um den Leichnam des Hohensaxers, und derselbe wieder herüber wandern mußte, da sie ihn denn noch heutiges Tages in ihrer Kirche als eine Mumie zeigen. – Vordessen lebte auch noch ein Freiherr dieses edlen Geschlechts auf Hohensax, der war mit einem Ding begabt, das nicht eben selten ist in diesen felsreichen Alpenthälern, einem Glied, das ihn ärgerte, und konnt' und mocht' es doch nicht ausreissen und von sich werfen, wie die Schrift gebeut. Da zog er mit zu Felde und in einer heißen Schlacht, in welcher Mann gegen Mann kämpfte, empfing er einen Schwerthieb, daß ihm gleich das Blut stromweis vom Halse abquoll. Doch hatte der Feind den glücklichsten Streich gethan, er hatte dem Freiherrn von Hohensax das ärgernde Glied weggehauen, seinen Kropf.

Quellen: