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Spukender Mönch

In einem fürstlichen Schloss in Deutschland trug sich Folgendes zu.

Einer von den Edelknaben wollte an einem schönen Sommertag zu den Gemächern des obersten Stockes gehen, sah im Hinaufsteigen, wie aus dem Ofen eines der Zimmer eine Helle drang, wie von vielen Lichtchen oder großem Feuer. Verwundert ging er hinein, doch da trat ein großer Mann in einer Mönchs kutte auf ihn zu. Die Augen lagen glühend tief in seinem Kopf. Auf einer Seite hatte er ein Schlüsselbund hängen. Erschrocken wollte der Edelknabe wieder der Tür zu, aber der Mönch schoss auf ihn zu, fasste ihn und warf ihn nieder und schleifte ihn mehre Male hin und wieder über den Boden. Da schrie der Knabe so laut, dass der Fürst es in den unteren Zimmern hörte. Diese befahl, man solle schnell laufen und sehen, was ihm begegnet sei. Alles lief zu, doch hatte der Schreck des Pagen Zunge gelähmt und erst nach mehr denn einer Stunde Zeit konnte er erzählen, was ihm widerfahren war.

Als sein Mitgeselle, ein anderer Page, das hörte, spottete er und sprach: »Hättest dem Mönch nur ein paar tüchtige Ohrfeigen geben sollen, er würde dir schon von der Haut geblieben sein.« Er vermaß sich dabei auch, so er dem Spuk begegnete, demselben seine Fäuste fühlen zu lassen.

Der andere sprach: »Versuche es nur und gib eine Probe deines ritterlichen Mutes.«

Einige Tage danach sollte dieser Kühne ein weißes Hemd aus der Kammer holen, in welcher der Mönch seinem Kameraden erschienen war. Während er nun in dem Kasten nach dem Hemd suchte, klopfte es an die Tür.

Da er nicht anders glaubte, dass es die Wäscherin oder ein Bediente wäre, so rief er: »Herein! herein!«

Da trat der schreckliche, große Mönch herein. Wer da er schrak, das war der Edelknabe. Das Herz schoss ihm nicht in die Fäuste, mit denen er den Mönch begrüßen wollte, sondern in die Füße, wo es ihn antrieb, so schnell wie möglich wegzulaufen.

Doch der Mönch wollte ihn nicht ohne Rechenschaft ziehen lassen, gab ihm ein paar Maulschellen, dass ihm das Blut aus Mund und Nase schoss und fuhr ihn an: »Nun lass mich die Fäuste fühlen, mit denen du mir drohtest.«

Dazu hatte der Edelknabe aber nicht gar sonderliche Lust, sondern sprang aus der Kammer und lief mit großem Geschrei die Treppen hinab. Kurz nachher erschien der Mönch auch der Wäscherin, der er einen solchen Schrecken einjagte, sodass sie drei Monate lang krank lag.

Quellen: