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Der umwandelnde Priester in St. Bavo zu Gent

Eine Frau aus Gent war nach St. Bavos Kirche gegangen, um dort zu beichten. Da es schon spät war, blieb sie die Letzte in der Reihe der Beichtenden. Eben wollte sie in den Beichtstuhl treten, als der Priester gerufen wurde, einem Kranken die heilige Wegzehrung zu bringen. Da blieb sie knien, um zu warten, bis der Geistliche wieder zurückgekommen sein würde. Es wurde immer später und später, und als die Frau endlich umschaute, um zu sehen, ob der Geistliche noch nicht käme, da sah sie, dass die Kirche ganz dunkel war und nur noch das Gotteslämpchen brannte. Sie stand auf und ging einmal rund, aber sie fand niemand. Endlich aber meinte sie zu hören, wie ein großes Buch immer auf- und zugeschlagen würde. Dem Schall folgend, kam sie zur Sakristei und sah denn dort einen Priester stehen, der in einem gewaltigen Messbuch blätterte, es nun öffnete, dann wieder zuwarf. Sie näherte sich dem Geistlichen und bat ihn demütig, dass er sie doch aus der Kirche lasse. Er antwortete nichts, nahm ein großes Schlüsselbund und öffnete ihr die Tür.

Kaum war die Frau draußen, als sie sich umdrehen wollte, dem Geistlichen zu danken, aber sie fand die Tür geschlossen, ohne dass sie auch nur das geringste Geräusch gehört hätte.

Man sagt allgemein in Gent, dass das ein Priester ist, der Geld empfangen habe, um Messen dafür zu lesen, und gestorben sei, ohne die Messen gelesen zu haben.

Quellen: