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Von der heiligen Maria zu Göda

  Senff, Kirchenreformation von Stolpen p. 266 c. 6 p. 434. 
  Köhler, Bilder 2c. S. 125.

Göda, an der meißnischen Grenze, heißt slawisch Hodzij, das ist Wallfahrtsort. Es hat nämlich daselbst früher auf einem Hügel vor dem Dorfe eine Kapelle gestanden, darin ein wunderthätiges Marienbild ist angebetet worden. Als aber die Reformation in's Land kam und der Bilderdienst abgeschafft wurde, da ist sie, die heilige Maria von Göda, ohne Abschied bei Nacht und Nebel davongelaufen und in's Rosenthal'sche Kloster hinübergewandert.

Noch heute zeigt man den Weg, den sie über die Wiesen und Felder genommen, und es ist ein allgemeiner Glaube, daß auf diesem Striche Gras und Getreide ganz besonders gedeiben und viel besser wachsen als ringsum. Auch einen Baum zeigt man, unter dem hat Maria gestanden und geweint. Seitdem ist dort der Boden immer naß von ihren Thränen. Die Bauern der Gegend sagen noch heute, wenn man darnach fragt: Swjata Marja je s' Hodzija czekła a szo do Rožana dała, d. i. die heilige Maria ist von Göda entlaufen und hat sich nach Rosenthal gewendet.

Anmerkungen: Senff berichtet, der letzte Parochus habe das Bild bei seiner Abreise mitgenommen und nach Crostwitz gebracht, und meint, es sei von da nach Rosenthal gekommen, so daß von einem Rosenthalschen Marienbilde vor dem 16. Jahrhundert überhaupt nicht die Rede wäre.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862