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Gott Schwabus

  Aventinus ann. Boj. I. f. 27. 
  Manlius, in Script. I, 143. 
  Stifleri, hist. Schatz. S. 337. 
  Segnitz, Löbauer Annal. Mscr. cf. Tacit. germ., c. 39. 

Schwabus war der achte König der Deutschen, ein Zeitgenosse Balaks, des Königs von Babylon, Sohn des Gambrivius, Enkel des Marsus, Urenkel des Hermann. Diesen Schwabus haben seine Nachkommen zum Gott gemacht und ihn in der Gegend, wo jetzt Görlitz liegt, einen finstern, erschrecklichen Wald geweihet, sind allda zu bestimmter Zeit zusammen gekommen und haben ihn mit Menschenopfern geehrt. Mit einer Keule schlug man solche zu Boden, tödtete sie vollends durch Abschneiden der Gurgel, fing das Blut in einem Gefäße auf und setzte es dem Abgott vor. In den geheiligten Wald durfte Niemand anders als mit auf den Rücken gebundenen Händen gehen. Wer dabei fiel, mußte sich aus demselben wieder herauswälzen oder elendiglich umkommen.

Anmerkungen:

Der heilige Hain lag entweder auf dem steilen Bergabhange an der Neiße, wo jetzt die Peterskirche steht (noch bis auf diese Stunde heißt die auf den Kirchberg führende Straße der Hainwald), oder es ist die Gegend um Königshain bei Görlitz gemeint.

Gleiche Berühmtheit hatte ein anderer heiliger Hain der Semnonen im Spreewalde. Das Dorf Hahnewalde, der Haim bei Oybin, die Hainmauer bei Nieda, Königshain bei Görlitz, das Hähnel bei Weigsdorf und viele andere Orte, zum Theil mit deutlichen Spuren heidnischen Götzendienstes, als Opfersteinen, Heidengräbern, Ringwällen u. s. w. bezeugen, daß die alten Deutschen und wahrscheinlich auch die später eingewanderten Slaven weniger in Tempeln, als in heiligen Hainen ihre Götter anbeteten.

Die Tautologie in dem Namen „Hainwald“ wiederholt sich bei „Hainewalde.“ Dies ist nicht gleichgültig, denn vielleicht muß man übersetzen Götterwald, Hain = Götze (s. u. die Sage von den Hainchen).

Eine Reminiscenz an die Menschenopfer liegt in dem wendischen Sprüchwort Hohla dyrbi kojzde ljeto jeneho czloweka mjecz. Jedes Jahr muß ein Mensch im Walde sein Leben lassen. (L. Mon.-Schrift 1797, S. 743).

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862