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Zauberbuch verbrennt nicht

  bei Vetschau

In der Nähe von Friedrichsfelde stand vor längerer Zeit ein kleines Häuschen, worin zwei alte Leute wohnten, welche als zauberkundig bekannt waren. Einstmals, es war am heiligen Abend vor Weihnachten, gingen die beiden alten Leute nach dem Kuhstall, um ihre Kuh zu beräuchern und zu besprechen. Darauf warf die Frau aus Versehen ihre Laterne um und der Kuhstall fing an zu brennen. Es dauerte nicht lange, so fing auch das Dach ihres Wohnhauses Feuer und die alten Leute trieben die Kuh aus dem Stall. So schnell als möglich liefen sie nach ihrem Wohnhause, um eine grosse Lade, worin sie viel Kostbarkeiten hatten, zu retten. Aber in dem Augenblick stürzte das Dach des Wohnhauses zusammen, so dass sie beide darunter begraben wurden und verbrannten.

Als am andern Morgen die Leute aus den nächsten Dörfern mit dem Abräumen des Schuttes von der Brandstatte ziemlich fertig waren, fanden sie auch die Gerippe der beiden verbrannten Leute, dicht neben dem Kamin. Als sie bei dem Abräumen unter den Kamin kamen, fanden sie dort ganz unversehrt ein Zauberbuch liegen, ja es lag sogar aufgeschlagen auf einem Schemel unter dem Kamin. Es war Alles verbrannt, nur nicht der Charakter, welchen der Böse geschützt hatte.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880