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Die Trommel aus Kinderhaut

  Ströbitz

Der Wendenkönig wollte wieder einmal Kinder stehlen. Deshalb fuhr er zu Kahn gen Lübben. Dort fand er einen Haufen Kinder; er zwang dieselben, seinen Kahn zu besteigen und fuhr mit ihnen ab. Es wahrte aber nicht lange, so merkten die Lübbener den Verlust ihrer Kinder. Schnell eilten sie in die Kähne und fuhren dem enteilenden Könige nach.

Als der König die Lübbener kommen sah, tauchte er die Kinder unter das Wasser, zog einen Kreis um sie und verzauberte dieselben so, dass sie unter dem Wasser leben konnten. Darauf fuhr er den Lübbenern entgegen. Dem ersten welchem er begegnete, gab er eine Ohrfeige, dass dieser todt zu Boden stürzte.

Unter den Lübbenern aber befand sich ein Mann, welcher wie der König zauberkundig war. Der löste den Bann des Wendenkönigs und es gelang nun den Lübbenern, die Kinder aus dem Wasser wieder herauszuziehen. Eins von den Kindern aber vergaßen sie. Nachdem die Lübbener mit den Kindern sich entfernt hatten, holte der Wendenkönig das vergessene Kind aus dem Wasser hervor, tödtete es, zündete ein Feuer an, zog dem Kinde die Haut ab, sengte von derselben alle Haare ab und dann überzog er mit der so zubereiteten Haut eine Trommel. So oft fortan diese Trommel gerührt wurde, flohen die Feinde in jeder Schlacht.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880